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Herrenloses Kulturgut

Unter den unter den Nationalsozialisten verschleppten und nach dem Krieg aufgefundenen Büchermassen befanden sich nicht wenige, die so genanntes "herrenloses" Kulturgut waren: Sie waren keinen Vorbesitzern, seien es Institutionen oder Personen, oder deren Erben zuordenbar. Jüdisches "herrenloses" Kulturgut wurde in Deutschland jüdischen Organisationen wie der JCR (Jewish Cultural Reconstruction) oder dem Staat Israel zuerkannt, die Anspruch im Sinne der Erhaltung des jüdischen Kulturerbes erhoben.

Österreich war durch den Staatsvertrag (Artikel 26, Absatz 2) verpflichtet, herrenloses Vermögen zu übernehmen und für Verfolgungsopfer zu verwenden. Es wurden in Folge zwei Sammelstellen eingerichtet, Sammelstelle A für ehemals jüdisches Vermögen und Sammelstelle B für das nicht beanspruchte übrige verfolgungsbedingt entzogene Vermögen. Mit dem Gesetz vom 5. April 1962 wurden die verfügbaren Mittel aufgeteilt: Sammelstelle A erhielt 80% und Sammelstelle B 20% der Mittel. Ein großer Anteil ging zur Hilfeleistung an verfolgte Individuen und nur ein geringer Teil wurde für kollektive soziale Zwecke eingesetzt. Die Sammelstellen wurden erst mit Bescheid vom 10. Mai 1972 aufgelöst.

Eine Sonderfall des Umgangs mit "herrenlosen" Kulturgütern stellt die Versteigerung von verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern, die vom Bundesdenkmalamt in der Kartause Mauerbach aufbewahrt wurden, dar. Sie wurden 1996 der Israelitischen Kultusgemeinde übergeben, und zugunsten von Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung versteigert.

Literatur in Auswahl:
JABLONER, Clemens, Brigitte BAILER-GALANDER, et al. Schlussbericht der Historikerkommission der Republik Österreich. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigung seit 1945 in Österreich. Zusammenfassungen und Einschätzungen. Wien: Oldenbourg, 2003.
RÖHLING, Kerstin. Restitution jüdischer Kulturgüter nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine völkerrechtliche Studie. (Saarbrücker Studien zum Internationalen Recht, 26). Baden-Baden: Nomos, 2004. Zugl.: Saarbrücken, Univ., Diss., 2003.