Es handelt sich um eine Aquatinta-Radierung aus der Serie „Wiener Szenen und Volksbeschäftigungen“ (Blatt 30), die nach Vorlagen von Georg Emanuel Opitz zwischen 1804-1812 angefertigt wurde.
Der „griechische Händler“ gehörte bereits zum Figurenrepertoire der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Wien populär gewordenen „Kaufrufe“, in welchen verschiedene Typen von Wanderhändlern dargestellt wurden.
Obwohl die verschiedenen Abbildungen „griechischer“ oder „türkischer“ Kaufleute, die auch auf Gemälden zu finden sind, durchaus im Kontext der stereotypisierenden Darstellungen typisch wienerischer Figuren gesehen werden müssen, stellen sie doch eine zeitgenössische Realität dar.
Abgebildet ist eine Wiener Bürgerin (mit Goldhaube) beim Einkaufen in einem Comptoir griechischer Händler. Während der eine der beiden in traditioneller orientalischer Tracht gekleidet ist, trägt der andere westliche Kleidung (Mantel und Zylinder). Dies ist ein Hinweis auf die unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten (osmanische und k.k. Untertanen), sowie die fortschreitende feste Niederlassung der Griechen in Wien und ihre Assimilation an hiesige Gepflogenheiten.
Auf dem Schild über der Tür liest man „Safran türkische Garn und Leder-Handlung“, womit das im siebenbürgischen Hermannstadt (Sibiu) beheimatete griechische Handelshaus Manicati Safran gemeint sein könnte. Bei den rechterhand abgebildeten Strängen weißen und rot gefärbten Garns handelte es sich um typische Produkte, die von griechischen Händlern aus dem Osmanischen Reich nach Wien importiert wurden. Das abgebildete türkische Rotgarn wurde nach einer speziellen Methode im thessalischen Dorf Ambelakia gefärbt und dann nach Wien transportiert und verhalf den dortigen Händlern, die sich in einer gemeinsamen Kompanie organisierten, zu großem Wohlstand.
Die Abbildung stammt aus der Blütezeit der Handelsaktivitäten griechischer Kaufleute aus dem Osmanischen Reich in Wien, die von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende der Napoleonischen Kriege dauerte.
Das Digitalisat ist frei zugänglich in der Wien Museum Online Sammlung .