Kornspeicher (Ksar) in der Altstadt von Medenine, Tunesien
Kleinbild-Dia von Ernest Troger (1926–1988), 1955
Maße: 2,4 x 3,6 cm
Aus der Diabildsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung
Im Zuge der Unabhängigkeit Tunesiens im Jahre 1957 wurde ein Großteil dieser typischen Gebäude abgerissen und durch moderne Häuser ersetzt. Heute gelten die wenigen noch verbliebenen, traditionellen Kornspeicher der ehemaligen Berbersiedlung als große Touristenattraktion. Darüber hinaus ist die Gegend um Medenine (vor allem die Stadt Tataouine) als Filmkulisse bekannt und beliebt. Teile von Filmen wie Star Wars, oder auch die Fernsehreihe Akte X wurden hier gedreht.
Der Fotograf des gezeigten Bildes Ernest Troger wurde 1926 in Schwaz in Tirol geboren. Er entstammt jener großen Zeit der Innsbrucker Geografenschule, die sich um seinen verehrten Lehrer Hans Kinzl (1898–1979) gleich nach dem Zweiten Weltkrieg gebildet hatte und aus der auch Franz Fliri (1919–2008), Helmut Heuberger (1923–2011), Adolf Leidlmair (1919–2010) und Karl Sinnhuber (1919–2010) als Universitätsprofessoren hervorgegangen sind.
Troger studierte an der Universität Innsbruck die Fächer Geografie, Geschichte und Geologie. Anfänglich fühlte er sich zur Physiogeografie hingezogen, später wandte er sich kulturgeografischen Themen zu. In Innsbruck entwickelte sich damals eine spezifische bevölkerungsgeografische Forschungsrichtung, die sich sehr intensiv mit bevölkerungsbiologischen, zum Teil bevölkerungshistorischen Fragestellungen im räumlichen Kontext beschäftigt hat. Nach dem Abschluss seines Studiums bereiste Troger ab 1954 - auf Einladung des damaligen Generalgouverneurs von Tunesien - Nordafrika. In dieser Zeit entstand eine Reihe von Fotografien, wie überhaupt Fotos einen wichtigen Aspekt in Trogers Forschung darstellten. Im Jahr 1956 ging Ernest Troger aufgrund einer Einladung der UNESCO für mehr als zwei Jahre nach Thailand, wo er an der Mahammakut-Universität in Bangkok als Gastprofessor Bevölkerungswissenschaft lehrte. In dieser Zeit wuchs seine Überzeugung, dass nur ein längerer Aufenthalt in einem fremden Kulturkreis, verbunden mit einer beruflichen Tätigkeit in einem solchen, die Möglichkeit gibt, diesen nicht nur oberflächlich zu erfassen, sondern "in ihn auch mental einzudringen und ihn zu verstehen".
Ab 1967 war Troger in einem neu gegründeten Extraordinariat zunächst Außerordentlicher Professor für "Allgemeine Geographie und Länderkunde" und ab 1971 (bis zu seinem Ableben 1988) Ordentlicher Universitätsprofessor am Geographischen Institut der Universität Wien. In dieser Zeit gelangte auch seine umfangreiche Diasammlung nach Wien. Neben vielen weiteren Verdiensten (Gründung eines Ostasien-Forschungsschwerpunktes; Vorstand des Geographischen Instituts; Dekan der Philosophischen Fakultät; maßgebliche Mitwirkung an der Hochschulentwicklung Österreichs) führte Troger als erster Ordinarius an einem österreichischen geografischen Institut in kontinuierlicher Folge Exkursionen in verschiedene Staaten Nordafrikas und des Vorderen Orients durch. Der inhaltliche Schwerpunkt dieser Exkursionen lag - neben der praxisbezogenen Konfrontation der Studierenden mit allgemeinen Entwicklungsproblemen vor Ort - immer auf Bevölkerungsfragen, die sich in den letzten Jahrzehnten neben der Umweltproblematik zu einem zentralen Problem der Entwicklungsländer herauskristallisiert haben. Es war Troger, dem es gelang, wieder ein gesteigertes Interesse für Fragen nach den Ursachen und Konsequenzen von demografischen Strukturen und Entwicklungen hervorzurufen. Er förderte seit seinem Eintritt in das Wiener Institut den Ausbau der Bevölkerungsgeografie, und es ist ihm zuzuschreiben, dass diese seither in Forschung und Lehre eine wichtige Position einnimmt.
Im Rahmen seiner zahlreichen Auslandsaufenthalte hat Troger eine Unzahl von Fotografien gemacht, die in weiterer Folge in seine Forschung und seine Veröffentlichungen eingeflossen sind. Auch seine Studierenden können Zeugnis davon ablegen, wie lebendig er seine zahlreichen Vorlesungen und Vorträge gestaltete, indem er seine Theorien und Ergebnisse mit zahlreichen hochinteressanten Bildern untermauerte. Diese befinden sich heute in der Diabildsammlung des Instituts für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien. Sie sind auf eindrückliche Art Zeugen eines erfolgreichen, Weg weisenden Forscherlebens.
Kleine Bilder: Troglodytenhaus in Matmata; Klassisches Ziegelhaus in der Altstadt von Tozeur (PDF)
Karl HUSA, Christian VIELHABER und Helmut WOHLSCHLÄGL (Hrsg.): Abhandlungen zur Geographie und Regionalforschung, Band 1: Beiträge zur Bevölkerungsforschung. Festschrift Ernest Troger zum 60. Geburtstag. Wien 1986, 384 Seiten. Exemplare im Bestand der UB Wien
Text: Mag. Walter Lang, Fotos: Univ.-Prof. Dr. Ernest Troger