Fotografie des 34. Kabakas von Uganda

Fotografie des 34. Kabakas von Uganda

Fotografie "Daud, König von Uganda"
Unbekannter Fotograf, um 1905
Albuminabzug auf Vorsatzkarton
Maße: 20 x 26 cm (Karton), 14,5 x 20 cm (Fotografie)
Alte Inventarnummer: M.25
Aus der Fotosammlung der Ethnographischen Sammlung des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie


Die mit "Daud, König von Uganda" beschriftete Fotografie zeigt den 34. König von Uganda Daudi Chwa II. Er wurde am 8. August 1896 in Mengo, "Buganda" (Swahili für "Uganda") geboren. Kurze Zeit zuvor, im Jahre 1894, wurde das Königreich Buganda britisches Protektorat; es war (und ist heute wieder) ein eigenes Königreich innerhalb Ugandas, deckungsgleich mit Ugandas Central Region, durch die der Äquator verläuft und liegt in der Mitte Afrikas zwischen dem Viktoriasee im Süden, dem Viktoria-Nil im Osten und dem Kyogasee im Norden. Die Mehrheitsbevölkerung von Buganda gehört der Ethnie der Baganda (Ostbantu) an und spricht die Landessprache Luganda. Seit 1374 lässt sich die Thronfolge der Kabaka (König) nachweisen. Nach der Entthronung von Mwanga II. (1868–1903) aufgrund politischer Konflikte mit den Briten wurde dessen Sohn Daud 1897 als nur Einjähriger zum Herrscher ernannt. Seine offizielle Krönung zum 34. Kabaka fand im Jahr 1900 statt, als Daudi Chwa II. vier Jahre alt war. Erst 1914 wurde er als 18-Jähriger für mündig erklärt und übernahm die Amtsgeschäfte der zuvor von den Briten eingesetzten Minister. Daudi Chwa II. regierte bis zu seinem Tod 1939. Im Alter von 43 Jahren verstarb er und wurde zum "Ssekabakka", einem verstorbenen Kabaka. Sein Sohn Edward Mutesa II. (1924–1969) wurde sein Nachfolger.

Zum Zeitpunkt der Aufnahme der hier präsentierten Fotografie dürfte Daudi Chwa II. acht oder neun Jahre alt gewesen sein. Im Hintergrund wurde schwarzer Stoff aufgespannt, der eine nur teilweise erkennbare landestypische Behausung aus Stroh und Schilf abdeckt. Am Boden liegen zwei Teppiche (einer davon orientalisch). Als Staffage diente ein europäisch anmutender Stuhl. Der junge Daudi trägt seine Stammestracht mit europäischen Accessoires (Silberkette) und hält einen mit einer weißen Kordel umwundenen Holzstab mit vermutlich in Silber gefasstem Knauf. Auf einer ähnlichen Fotografie aus derselben Zeit sitzt er mit gleicher Tracht auf einem Thronsessel. Auf späteren Bildern hält er statt des schwarzen einen weißen Stab in der Hand. Art und Qualität des Bildes lassen vermuten, dass es von einem professionellen Studiofotografen mit einer Plattenkamera gemacht wurde.

Das Foto wurde auf Vorsatzkarton aufkaschiert und trägt die Beschriftung: "Daud, König von Uganda", sowie "gekauft 1905 in Mombasa v. L". Ein Handschriftenvergleich legt nahe, dass dieses Foto von Felix von Luschan (1854–1924) beschriftet wurde. Rechts oben befindet sich noch eine Signatur, die nicht zugeordnet werden kann. Die Rückseite trägt den Stempel des "Instituts für Völkerkunde der Universität, Wien, Neue Hofburg (Corps de Logis)" (heute: Institut für Kultur- und Sozialanthropologie) und einen Vermerk mit Bleistift (26/25).

Felix von Luschan , geboren am 11. August 1854 in Hollabrunn, studierte in Wien Medizin und übernahm bereits 1873 erstmals eine Funktion in der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. 1882 habilitierte er sich an der Universität Wien für das Fach Anthropologie. 1885 unternahm er seine erste Expedition nach Kleinasien. Im selben Jahr wurde er als Direktorialassistent an das Berliner Museum für Völkerkunde berufen. Erstmals bekannt wurde er durch die Ausgrabungen von Sendschirli (1883). Am Sammlungsaufbau des Berliner Völkerkundemuseums war Luschan maßgeblich beteiligt.

Eine seiner vielen Studienreisen führte ihn 1905 nach Südafrika. Es scheint möglich, dass er während dieser Reise einige Fotografien, wie etwa "Daud, König von Uganda", erstanden hat. Wie diese Fotos und weitere Unterlagen von Felix von Luschan an das Institut für Völkerkunde gekommen sind, kann nur vermutet werden. Er stand im schriftlichen Kontakt mit dem Wiener Anthropologen Rudolf Pöch  (1870–1921), der um 1900 bei ihm in Berlin studiert hatte und 1912 an das Institut für Anthropologie und Ethnographie der Universität Wien berufen wurde. Beiden war die Vergrößerung ihrer Sammlungen ein großes Anliegen. Eventuell fanden durch ihren Kontakt einige Sammlungsstücke so den Weg nach Wien.

Der Nachlassgeber des gezeigten Objektes an das Institut war jedoch der Wiener Ethnologe Josef Haekel  (1907–1973). Als Vorstand des Instituts für Völkerkunde 1957–1973 dürfte er verschiedene Archivalien gesammelt und sie möglicherweise während des Umzugs an den aktuellen Standort im "Neuen Institutsgebäude" (NIG) vor der Entsorgung gerettet haben.

Es gibt keine Inventare aus dieser Zeit, sodass die auf der Fotografie sichtbare Inventarnummer "M.25" nicht zugeordnet werden kann. Die Fotografie mit König Daud befand sich gemeinsam mit einer weiteren, ähnlich beschrifteten und mit ähnlicher Signatur versehenen im selben Archivkarton. Es ist nicht auszuschließen, dass sich noch weitere solche Fotografien in der Sammlung finden.

Literatur:

Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 5, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1972, S. 372 f. (Eintrag über Luschan elektronisch verfügbar )

LUSCHAN, Felix von: Voelker Rassen Sprachen | Anthropologische Betrachtungen. Berlin 1927. Exemplare im Bestand der UB Wien

LUSCHAN, Felix von: Bericht über eine Reise nach Südafrika. In: Zeitschrift für Ethnologie 38 (1906), Seite 863-895. Zeitschrift im Bestand der UB Wien

HIRSCHBERG, Walter: Neues Wörterbuch der Völkerkunde. Berlin 1988. Exemplare im Bestand der UB Wien

Text: Martina Frankl