Zur Geschichte der Austro-Dok

Maria Wirth, Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien

Die Anfänge der Austro-Dok reichen bis in die frühen 1970er Jahre zurück, als man sich in der SPÖ (Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit) aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Rundfunks zu einer Beobachtung der Rundfunkberichterstattung entschloss und mit der Aufzeichnung von politisch interessanten Hörfunk- und TV-Beiträgen begann. Da es in der Partei keine entsprechende Dokumentation gab, auf die die FunktionärInnen für ihre politische Arbeit hätten zurückgreifen können, wurde diese „Funkbeobachtung“, wie man die Aufzeichnung von den TV- und Hörfunkberichten seinerzeit nannte, immer mehr ausgebaut und in der SPÖ eine eigene Abteilung für Dokumentation und Information gegründet. Diese begann etwa ab 1973 auch mit der Auswertung von bundesweiten und regionalen Zeitungs- und Zeitschriftenberichten (Presse, Kurier, Oberösterreichische Nachrichten, Profil etc.) und führte (etwa ab 1973) auch ein Archivierungssystem ein, durch das die einzelnen Presseberichte, die Textierungen bzw. Zusammenfassungen von Hörfunk und TV-Berichten und die Meldungen der Pressedienste mit einem Lochkartensystem nach aktiven und passiven Personen und Themen sowie Modifikatoren und Ländern erschlossen wurden. Ein großer Vorteil dieses Lochkartensystems lag damals darin, dass hiermit auch verschiedene Themen verknüpft abgefragt werden konnten.

Beibehalten wurde dieses Lochkartensystem bis Ende der 1970er Jahre, als man sich im Zuge der immer verbesserten elektronischen Datenverarbeitung entschloss, eine elektronische Datenbank aufzubauen. Gemeinsam mit der EDV Ges.m.b.H. und IBM wurde zu diesem Zweck das System Stairs, das damals besonders in Deutschland häufig verwendet wurde, für die Austro-Dok adaptiert und eine eigene Eingabemaske zur lndizierung und Dokumentenerfassung entworfen. Somit wurde die Austro-Dok seit 1. März 1979 als elektronische Datenbank geführt und gleichzeitig, da die große Menge an Originalen die Möglichkeiten der Archivräume sprengte, mit der Mikroverfilmung der erfassten Berichte in Form von Mikrofiche begonnen. Die einzelnen Berichte wurden somit in einem ersten Arbeitsschritt indiziert und in weiteren Arbeitsschritten verfilmt und erfasst.

Der vorliegende Bestand dokumentiert die Jahre 1979 bis 1993. Ausgewertet wurden von durchschnittlich 20 Personen bis zu 200 Dokumente täglich. Ab 1979 wurden in der Austro-Dok auch die parlamentarischen Materialien von National- und Bundesrat sowie die Parlamentskorrespondenz erschlossen. Ab 1980 wurde bis zur Einstellung der Zeitung im Jahre 1991 auch das AZ[1]-Archiv in der Austro-Dok geführt. In ihrem zeitlichen Verlauf hat die Austro-Dok – bei einer Berücksichtigung, dass neue Medien entstanden und andere wiederum eingestellt wurden – Berichte aus 60 bis 70 verschiedenen Quellen dokumentiert.

Sowohl durch die differenzierte Einspeicherung der Dokumente als auch durch die Möglichkeit der leichten Duplizierung dieser Materialien durch die Mikroverfilmung bildete die Austro-Dok ein beachtliches lnformationsreservoir, das nicht nur für die Abgeordneten der SPÖ und deren FunktionärInnen der Bundes- und Landesparteien interessant war. Da das Interesse an dieser Dokumentation, die in Österreich – weder bei einer anderen Partei oder sonstigen Institution – ein Vergleichspendant hatte,[2] groß war, wurden auch Anfragen von verschiedenen Ministerien, der Gewerkschaft oder Privaten beantwortet; öffentlich zugänglich war die Austro-Dok jedoch nie.

Bei der Schließung der Austro-Dok im Jahre 1993 umfasste die damals erstellte Referenzdatenbank rund 600.000 Einträge. Die Anzahl der zwischen 1979 und 1993 angefertigten Mikrofiche, die bis zu 49 Bilder pro Mikrofiche umfassen können, beträgt rund 10.000 Stück, wobei diese in unterschiedlicher Qualität im Original und in Form einer Arbeitskopie vorhanden sind.[3] Heute nur mehr teilweise vorhanden sind die papierenen Originalvorlagen.

Der Audio- und Video-Bestand der Austro-Dok

Die Austro-Dok ist aus einer Aufzeichnung von Hörfunk- und TV-Berichten der Sozialistischen Partei Österreichs hervorgegangen. Aufgenommen wurden die wichtigsten Berichte, Interviews und Diskussionen aus Radio und Fernsehen aus verschiedenen Sendereihen wie etwa dem „Morgen“-, „Mittag“-, „Abend“- und „Nachtjournal“, aus der „Zeit im Bild 1“ und der „Zeit im Bild 2“, der „Pressestunde“, dem „Club 2“, dem „Inlandsreport“ und vielem mehr. Aufgenommen wurden aber auch Belangsendungen, Sondersendungen zu speziellen Themen wie etwa dem Nationalsozialismus, der „Vergangenheitsbewältigung“" oder der Umweltpolitik. Sehr detailliert vorhanden sind die Wahlberichterstattungen; als Tonbänder sind zudem die Reden im Parlament bzw. die Parlamentsdebatten festgehalten. Diese Berichte sind einerseits als Textierungen oder Zusammenfassungen mittels des Lochkartenarchivierungssystems bzw. später durch die Referenzdatenbank erschlossen worden; andererseits liegen sie aber auch im Original als Audio- bzw. Video-Dokumente vor.

Der zur Austro-Dok gehörenden Audio-Bestand umfasst für die 1970er-, 1980er und 1990er Jahre mehrere tausend Tondokumente, die als Audiokassetten, Masterband oder als Magnetbänder in unterschiedlicher Qualität vorkommen und in der österreichischen Phonothek (heute: Österreichische Mediathek ) gelagert sind.

Der Film- bzw. Video-Bestand der Austro-Dok umfasst für den gleichen Zeitraum rund 1400 Film- bzw. Videokassetten oder Magnetbänder. Diese liegen in unterschiedlicher Form als Videotapes, Videokassetten, Betamax, Videokassetten VCC, Videokassetten VHS oder als Magnetbänder vor. Filmberichte sind zumeist auch als Tondokumente vorhanden, da für die leichtere Transkribierung der Filmdokumente Audiokassetten angelegt wurden. Sowohl für den Audio- als auch für den Film- bzw. Videobestand bestehen Bestandslisten.

Bedeutung des Bestandes

Durch die Zusammensetzung, d. h. die Pluralität der in der Austro-Dok verwendeten Medien und der dadurch gegebenen Vielfalt an Informationen und Meinungen stellt die Austro-Dok eine einzigartige Quelle zur Österreichischen Demokratie- und Mediengeschichte dar. ln ihr können versammelt an einem Ort Berichte aus verschiedenen Quellen, die zum Teil anderorts nur schwer zugänglich oder nicht vorhanden sind, zu allen wichtigen Themen und Ereignissen des Dokumentationszeitraumes recherchiert werden. Dies stellt für die wissenschaftliche Forschung eine enorme Erleichterung dar, da ansonsten die gesuchten Informationen mühsam aus verschiedenen Quellen zusammengetragen werden müssen.

Bei der Austro-Dok handelt es sich somit um einen Bestand, der für einen großen Benutzer*innenkreis von Bedeutung ist. Interessant ist er insbesondere für Zeithistorikerlnnen, Politologlnnen oder WissenschafterInnen aus anderen Bereichen sowie StudentInnen und Journalistlnnen, die zur jüngsten österreichischen Zeitgeschichte forschen. Durch die virtuelle Austro-Dok wird für diese Benutzer*innengruppe das Recherchieren in historischen Medienbeständen erleichtert und der Zugang zu zeitgeschichtlich relevanten Medienberichten verbessert.

Nach der Auflösung der Austro-Dok wurde der Bestand an Univ.-Prof. Dr. Dr. Oliver Rathkolb übergeben, der 2015 diesen an die Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte der Universität Wien weitergab. In einem zweijährigen Projekt der Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte wurde, unter der Leitung von Markus Stumpf, eine eigene Datenbank vor Ort entwickelt.


Fußnoten