From Learning for Love to Love of Learning

From Learning for Love to Love of Learning

Bücher aus dem Nachlass Rudolf Ekstein (1912–2005)
Aus der Rudolf Ekstein-Sammlung


Rudolf Ekstein, Psychoanalytiker, Kinderpsychotherapeut, Klinischer Psychologe und Sozialpädagoge, ist in Österreich geboren und aufgewachsen, studierte an der Wiener Universität bei Moritz Schlick (1882–1936) und beendete nach dessen Ermordung seine Dissertation 1937 bei Karl Bühler (1879–1963). Er musste Österreich 1938 wegen seiner jüdischen Abstammung und seines politischen Engagements für den Sozialismus verlassen und gelangte über Großbritannien in die USA. Nach einer kurzen Tätigkeit als Lehrer und einer Ausbildung zum Sozialpädagogen begann er eine akademische Laufbahn mit den Stationen Havard-University, Cambridge (Mass.), Menninger Foundation Topeka (Kansas), Reiss-Davies-Child-Study-Center Los Angeles, Clinical Professor of Medical Psychology, University of California, Lehranalytiker am Southern California Institute sowie Gastprofessor an verschiedenen europäischen Universitäten, u. a. an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. 1995 erhielt Ekstein das Ehrendoktorat der Universität Wien.

Seine frühen, mit seinem Namen verbundenen Forschungsarbeiten entstanden aus der Arbeit mit psychisch schwer gestörten Kindern im Bereich kindlicher Borderline-Zustände, Psychosen und Autismus. Obwohl dieser Schwerpunkt mit therapeutisch-technischen Zielsetzungen verbunden war und international zu einer Diskussion konventioneller Methoden und einer Öffnung und Revision des Verständnisses von bis dahin „unbehandelbaren“ Kindern, seinen „Grenzfallkindern“, geführt hat, kamen durch seinen individuellen, unorthodoxen Zugang immer wieder Fragen nach der Fähigkeit zu lernen in den Fokus.

Therapeutische Prozesse und Lernen wurden von Ekstein erstmals in dieser Deutlichkeit in ein Bezugssystem gesetzt, beobachtet und differenziert. Im Rückblick zeigt sich hier bereits früh der zweite Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Pionierleistungen. Sein Interesse am Lehren und Lernen in Psychotherapie und Pädagogik führte zu einer psychoanalytisch grundgelegten Theorie des Lernens. Die Rolle des Lehrenden im Lernprozess ist hier unhintergehbar doppelt angelegt, wenn die Fähigkeit zu lernen evoziert und die Freude am Lernen zum eigenständigen Interesse am Lernprozess führen soll. Ekstein hat erkannt, dass die emotionale, libidinöse Eingebundenheit des Lernens in frühen Entwicklungsjahren in einer von Zuneigung und liebevoller Akzeptanz getragenen Beziehung Grundmuster kommunikativen Lernens anlegt und in der weiteren Entwicklung autonome, lustvolle, in ebensolcher Erfahrung gebahnte Lernambitionen ermöglicht. Ekstein weist besonders darauf hin, dass Veränderungen in der Entwicklung und in der personalen und Gruppenkonstellation auf diese Dynamik einwirken und Aktualisierungen und Neuabstimmungen dieser libidinösen Beziehungen notwendig machen. Während klassische Lerntheorien operationale Funktionen in Lernprozessen unterscheiden und untersuchen, unterstreicht Ekstein die Bedeutung psychodynamischer und entwicklungsabhängiger Kapazitäten am Weg von einem außengeleiteten zu einem inner-motivierten, autonomen Lernprozess.

Das Buch „From Learning for Love to Love of Learning“ enthält die Ideengeschichte dieser Einsichten in Form wissenschaftlicher Essays, das er 1969 gemeinsam mit Rocco L. Motto (1917–2006) publiziert hat. Bei der Entwicklung dieses Gedankengebäudes wird er u. a. von prominenten Persönlichkeiten der aus Österreich „vertriebenen Vernunft“ (vgl. Stadler F./Weibel P.; 1995) unterstützt. Damit verbinden sich Namen wie Bruno Bettelheim (1903–1990), Edith Buxbaum (1902–1982), Lili Esther Roubiczek-Peller (1898–1966), Maria W. Piers (1911–1997) und Fritz Redl (1902–1988), die Beiträge zu diesem Buch geschrieben haben.

Die Bildungsdiskussion, die derzeit 2009 im Zusammenhang mit Schule und Universität geführt wird, gibt den Arbeiten Eksteins besondere Aktualität zu Fragen des Lernens, der Bildung, der Lehrerbildung und schulischer Lernprozessse.

Text: Dr. Helga Schaukal-Kappus; Foto: Mag. Ariella Sobel