Spiegelsextant

Spiegelsextant

Spiegelsextant von Edward Troughton (1753–1835), Nr. 136
London, um 1800
Messing, Glas
Radius: ca. 25 cm
Aus dem Sternwarte-Museum der Universitätssternwarte


Dieser Spiegelsextant wurde um 1800 von der englischen Instrumentenfirma "J. & E. Troughton Successor Mr. Cole" in London gefertigt. Er ist aus Messing, mit versilberter Skala (5–155) und hat einen Radius von etwa 25 cm. Der Horizontspiegel ist zweigeteilt und besteht aus einer verspiegelten und einer unverspiegelten Hälfte. In den Strahlengang lassen sich insgesamt sechs Blendgläser (drei für jeden Spiegel) einschwenken. Zur Beobachtung stehen drei Visierrohre zur Verfügung, zwei davon sind mit Optik und jeweils zwei Mikrometerfäden ausgestattet. Der Messwert konnte mit einer Lupe abgelesen werden, diese hat sich bis heute jedoch nicht erhalten. Die Signatur auf der Messskala lautet "Troughton, London". Das Instrument ist in einem eigens angefertigten Holzkasten untergebracht, in dem sich auch das Zubehör bequem verstauen lässt.

Die Bezeichnung Sextant rührt von der Einteilung der Messskala her: Ein Sechstel eines Vollkreises, 60°. Bei einem Spiegelsextant ist der Messbereich aufgrund des Reflexionsgesetzes doppelt so groß, er erstreckt sich über 120°.
Ein Spiegelsextant besteht aus einem fixen Horizontspiegel und einem Indexspiegel, der im Mittelpunkt des drehbaren Zeigerarmes (Alhidade) angebracht ist. Zur Höhenbestimmung wird das gespiegelte Bild des Objekts mit dem direkten Bild des Horizonts in Übereinstimmung gebracht (d. h. bei Sonnenhöhenbestimmungen wird der untere Rand der Sonne in Berührung mit dem Horizont gebracht). Die dafür nötige Verschiebung des Zeigerarmes lässt sich an der Messskala ablesen und entspricht der Höhe des Objektes über dem Horizont.
Bei der Beobachtung sind Horizont und zu vermessendes Objekt gleichzeitig im Blickfeld. Dadurch wird eine höhere Messgenauigkeit erzielt, da sich etwaige Schwankungen der Beobachtungsposition, etwa auf einem Schiff, sowohl auf den Horizont als auch auf das Objekt gleichermaßen auswirken. Um eine gleichzeitige Betrachtung des Horizonts sowie des gespiegelten Objektes zu ermöglichen, gibt es zwei Ausführungsweisen des Horizontspiegels: entweder ist der Spiegel halbdurchlässig, oder er hat eine unverspiegelte Hälfte. Für die Beobachtung der Sonne stehen unterschiedlich eingefärbte Blendgläser zur Verfügung, die je nach Bedarf in den Strahlengang eingeschwenkt werden können. Mit einem Sextanten wurden in der Astronomie unter anderem Höhenmessungen für anschließende Positionsbestimmungen vorgenommen.

Der zehnzöllige Spiegelsextant von Troughton stammt aus dem Besitz von Freiin Elisabeth von Matt (um 1762–1814). Sie richtete sich ein Privatobservatorium in ihrem Haus in Wien ein und war damals die einzige Frau in der österreichischen Monarchie, die ihre wissenschaftlichen Beobachtungen in renommierten Fachzeitschriften wie der Monatlichen Correspondenz, dem (Berliner) Astronomischen Jahrbuch sowie in den Wiener Ephemeriden veröffentlichte. Ihre astronomischen Beobachtungen beinhalteten vor allem Positionsbestimmungen, die sie unter anderem in der näheren Umgebung von Wien und in Böhmen vornahm, sogar während ihrer Kuraufenthalte.

Franz de Paula Triesnecker (1745–1817), Direktor der Wiener Universitätssternwarte von 1792–1817, und Johann Tobias Bürg (1766–1835), Adjunkt und später provisorischer Direktor der Sternwarte von 1817–1819, der auch mit der Baronesse von Matt in persönlichem und wissenschaftlichem Austausch stand, haben mit diesem Instrument Polhöhenbestimmungen durchgeführt. Elisabeth von Matt starb im Jahre 1814. In ihrem Nachruf im Berliner Astronomischen Jahrbuch für das Jahr 1817 (gedruckt 1814) wird berichtet, dass ihre astronomischen Instrumente in Wien bereits größtenteils verkauft worden seien. Als Johann Joseph von Littrow (1781–1840) im Jahr 1819 die Direktorenstelle der Sternwarte übernahm, befand sich im Instrumentenbestand auch der zehnzöllige Spiegelsextant von Troughton.

Der Sextant wurde Anfang 2010 in Zusammenarbeit mit der ARGE Objektrestaurierung fachmännisch gereinigt und befindet sich heute im Museum der Universitätssternwarte Wien.

Hinweis:

Die historischen Instrumente der Universitätssternwarte Wien werden im 38. Band der Reihe Acta Historica Astronomiae, erschienen im Juli 2010, beschrieben:
"Die Geschichte der Universitätssternwarte Wien: dargestellt anhand ihrer historischen Instrumente und eines Typoskripts von Johann Steinmayr", Verlag Harri Deutsch, ISBN: 978-3-8171-1865-6. Exemplar im Bestand der UB Wien

Buchpräsentation:

Datum: 19.Oktober 2010
Ort: Kleiner Lesesaal der Universitätsbibliothek
Beginn: 18:30 Uhr

Eintritt frei!

Text und Foto: Maga. Isolde Müller