"Buddhistischer Tempel in Ribba, H.P., Indien" (ca. 9. Jh. n. Chr.)
2006 bei einem Feuer stark beschädigt und großteils abgebrannt
Digitalfotografie, Susanne Novotny 2004
Aus dem Western Himalaya Archive Vienna (WHAV)
Das digitale Foto aus dem Jahre 2004 zeigt einen bedeutenden buddhistischen Holztempel des im indischen Bundesstaat Himachal Pradesh auf einer Höhe von 2.550 Metern gelegen kleinen Ortes Ribba. Der älteste Teil des ursprünglich als einzelligen Bau konzipierten Monuments wird aufgrund der zwar exquisiten aber über die Jahrhunderte schon stark in Mitleidenschaft gezogenen Holzschnitzereien im Inneren auf das 9. Jh. n. Chr. datiert. Beeindruckend sind vor allem die Darstellungen von architektonischen Motiven, die stilistisch eng mit der Baukunst Kaschmirs verbunden sind und von der Verbreitung künstlerischer Traditionen entlang der alten Pilgerrouten zeugen (Abb.1).
Diese Fotografie ist nur eines der etwa 120.000 visuellen Medien, die im Western Himalaya Archive Vienna (WHA) am Institut Kunstgeschichte seit mehr als 20 Jahren gesammelt, wissenschaftlich bearbeitet und archiviert werden. Die Sammlung, im Bereich der Kunst- und Kulturgeschichte Inner- und Südasiens eine der weltweit größten, umfasst neben einem umfangreichen Dia- und Fotoarchiv, eine kleine Plan- und Kartensammlung sowie eine eigens programmierte Bilddatenbank, die mittlerweile etwa 90.000 Einträge aufweist und auch online verfügbar ist.
So, wie auch das Foto des mit bunten Gebetsfahnen geschmückten Tempels in Ribba, ist der Großteil des WHAV-Bestandes von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, die an durch Drittmittel geförderten, interdisziplinären Forschungsinitiativen beteiligt waren, angefertigt worden und auf einer der zahlreichen Feldforschungsreisen nach Asien seit 1990 entstanden. Bereist wurden allerdings nicht nur abgelegene Klöster- und Tempelanlagen in den unwegsamen Bergregionen des westlichen Himalaya, sondern auch Kultstätten und Museen in Süd-, Südost- und Zentralasien, also von Afghanistan, Pakistan, Indien und China (inklusive TAR) bis nach Nepal und Kambodscha.
Der Mehrwert des WHAV liegt in der Vielfalt und oft Einzigartigkeit der originären Bilddokumente, die sowohl die Interessen der beteiligten Forscherinnen und Forscher als auch das interdisziplinäre Umfeld widerspiegeln. Kunst und materielle Kulturen, Land und Leute, Rituale und Feste werden mit der Kamera festgehalten. So wurde in Ribba nicht nur der Tempel innen und außen möglichst genau abgelichtet, sondern auch vermessen und Architekturzeichnungen der antiken Holzfassade anfertigt (Abb.2).
Im WHAV findet sich auch die Dokumentation einer Pilgerreise gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung rund um den heiligen Berg Kinner Kailash, an dessen Rücken der Tempel errichtet wurde, sowie des Ukhyang (Blumen) Festivals, bei dem auch ein Trance-Medium im Mittelpunkt der Feierlichkeit steht (Abb.3).
Die Fotografie des Tempels in Ribba aus dem Jahre 2004 dokumentiert einen Zustand, der heute leider nicht mehr erhalten ist. Im Juli 2006 brach im Inneren des Heiligtums aus ungeklärter Ursache ein Feuer aus, das das ganze Gebäude in Schutt und Asche legte und 85% der kostbaren Holzdekoration unwiederbringlich zerstörte. Auch Lehmskulpturen, heilige Schriften und handgeschriebene Manuskripte fielen dem Feuer zum Opfer. Die lokale Bevölkerung plant, dieses nicht nur historisch wertvolle Monument wiederaufzubauen, da es von großer religiöser Bedeutung für die buddhistische Gemeinschaft ist. Das WHAV unterstützt dieses Vorhaben und hat seine über mehrere Jahre hinweg entstandene Dokumentation des vermutlich ältesten buddhistischen Holztempels im indischen Himalaya der Dorfbevölkerung zur Verfügung gestellt.
Abbildungen 1: Buddha, Holzfassade, 1998; 2: Zeichnung der Holzfassade, 1998; 3: Trance Medium, Ukhyang Festival, 2002 (PDF)
Text: Verena Widorn, Foto: Susanne Novotny 2004; Fotografen der Abbildungen 1: D. Klimburg-Salter, 2: M. Falser, 3: C. Jahoda