Gedenktafel für Amalia M. Rosenblüth-Dengler

Gedenktafel für Amalia M. Rosenblüth-Dengler

Gedenktafel für Amalia M. Rosenblüth-Dengler (1892–1979)
Druck auf Leinwand
Maße: 50 x 50 cm
Aus der Fachbereichsbibliothek Philosophie und Psychologie


Amalia Rosenblüth wurde 1892 als ältestes von vier Kindern des Kaufmanns Meilche Rosenblüth (1869–1937) und seiner Frau Ruth Fink in Sanok (Galizien, heute Polen) geboren. Sie besuchte dort das k. k. Gymnasium Sanok und legte 1910 die Matura am Privat-Mädchen-Gymnasium in Lemberg (heute Lwiw, Ukraine) ab. Ab 1910 studierte sie an der Universität Lemberg, unter anderem bei den Philosophen und Logikern Kazimierz Twardowski (1866–1938) und Jan Lukasiewicz (1878–1956); ab 1914 setzte sie ihr Studium an der Universität Wien fort. Amalia Rosenblüth promovierte 1917 mit der Dissertation "Über das sogenannte disjunktive Urteil in der neueren Logik" bei Adolf Stöhr (1855–1921) und Robert Reininger (1869–1955). Sie blieb weiterhin an der Universität Wien inskribiert und belegte Lehrveranstaltungen an der juristischen und der medizinischen Fakultät, u. a. bei Hans Kelsen (1881–1973) und Carl Grünberg (1861–1940). Anschließend war sie als Bibliothekarin am Philosophischen Institut tätig und hielt als unbezahlte Assistentin von Robert Reininger – dem damaligen Direktor des Instituts für Philosophie – Proseminare ab. Ab 1932/33 war sie als Bibliothekarin angestellt und organisierte in dieser Funktion den Umzug und die Neuaufstellung der Bibliothek am neuen Standort des Philosophischen Instituts in der Liebiggasse. Im Frühjahr 1937 wurde ihre Weiterbestellung jedoch aus antisemitischen Gründen vom Unterrichtsministerium nicht mehr genehmigt.

Ab 1939 fand Amalia Rosenblüth Arbeit in der von Theodor Heller (1869–1938) gegründeten „Erziehungsanstalt für geistig abnorme und nervöse Kinder“ in Wien-Grinzing. Sie erwarb im April 1940 einen für ein Jahr gültigen Deutschen Reisepass mit einem J-Stempel und besorgte sich ein bis Oktober 1941 gültiges Einreisevisum für China und eines für die Dominikanische Republik. Die Ausreise scheiterte jedoch aus finanziellen Gründen. Nachdem sie Ende 1940 ihre Wohnung verloren hatte, zog sie gemeinsam mit ihrer Schwester Rosa bei der Schriftstellerin Thekla Merwin (1887–1944) und deren Tochter, der Juristin Martha Merwin (1911–1944), ein. Alle vier Frauen waren ab August 1942 in einer Sammelwohnung in der Marc-Aurel-Straße 5 gemeldet. Mit Ausnahme von Amalia Rosenblüth wurden sie am 24. September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert, von dort am 19. Oktober 1944 ins KZ Auschwitz gebracht und am 20. Oktober 1944 ermordet. Amalia Rosenblüth gelang es, unter dem Namen Margarete Dengler als U-Boot unterzutauchen.

Erst nach Ende des Krieges gelang ihr 1947 die Ausreise in die USA, wo sie 1948/49 als Instructor of Psychology/Philosophy und als Bibliothekarin am Idaho State College (heute: Idaho State University) Arbeit fand. 1952 versuchte sie nach Wien zurückzukehren und dort eine Beschäftigung aufzunehmen. Obwohl sich Erich Heintel (1912–2000), Rudolf Carnap (1891–1970), Herbert Feigl (1902–1988) und Gustav Bergmann (1906–1987) für sie einsetzten, wurde dieses Ersuchen aber von der Universität Wien abgelehnt. Nach Jahren beruflicher und finanzieller Unsicherheit fand Dengler, die 1955 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erworben hatte, schließlich eine Anstellung an der Bibliothek der University of Washington in Seattle, die sie bis zu ihrem 84. Lebensjahr innehatte. Ihr Grab befindet sich im Arkadenhof der Feuerhalle in Wien-Simmering.

Mit der jüngst enthüllten Gedenktafel im Eingangsbereich der Fachbereichsbibliothek Philosophie und Psychologie soll an die Philosophin und Bibliothekarin erinnert werden. Die Gedenktafel wurde anlässlich der Präsentation des Buches "Amalia M. Rosenblüth-Dengler (1892‒1979). Philosophin und Bibliothekarin. Biografische Spuren eines Frauenlebens zwischen Aufbruch und Resignation" von Ilse Korotin am 27.10.2022 feierlich enthüllt.

Ausstellungshinweis:

Begleitend zur Buchpräsentation „Amalia M. Rosenblüth-Dengler“ wurde eine virtuelle Ausstellung gestaltet:

Website der virtuellen Ausstellung

Literatur:

EXENBERGER, Herbert (Hg.): Als stünd‘ die Welt in Flammen. Eine Anthologie ermordeter sozialistischer SchriftstellerInnen. Wien 2000.
KOROTIN, Ilse: Amalia Rosenblüth. In: Gelehrte Frauen. Wien 1996. S. 23–25.
KOROTIN, Ilse: Amalia Rosenblüth. In: Keintzel, Brigitta/Korotin, Ilse (Hg.): Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Wien 2002, S. 626–627.
KOROTIN, Ilse: „[…] vorbehaltlich eines jederzeit zulässigen Widerrufes genehmigt.“ Ausgrenzung und Verfolgung jüdischer Wissenschafterinnen und Bibliothekarinnen. In: Korotin, Ilse (Hg.): Österreichische Bibliothekarinnen auf der Flucht. Verfolgt, verdrängt, vergessen? (= biografiA. Neue Ergebnisse der Frauenbiografieforschung Band 4). Wien 2007, S. 103–126.
KOROTIN, Ilse: Amalia M. Rosenblüth-Dengler (1892–1979): Philosophin und Bibliothekarin : biografische Spuren eines Frauenlebens zwischen Aufbruch und Resignation. Wien 2021. Exemplare im Bestand der UB Wien

Text: Mag.a Claudia Feigl, MAS & Mag.a Sonja Fiala; Fotografin: Maria Katzlinger