Josef Strzygowski (1862 - 1941) war im frühen 20. Jahrhundert eine der zentralen Figuren der Wiener Schule der Kunstgeschichte. Seine Privatbibliothek kam 1953 als Nachlass an die damalige Institutsbibliothek, doch während die Bücher in den Bestand aufgenommen wurden, blieben die Sonderdrucke, Zeitschriftenhefte und Archivalien lange unbeachtet.
Im laufenden Projekt werden die Separata und Archivalien katalogisiert und dokumentiert, um sie der Forschung zugänglich zu machen.
Unter den folgenden Links können Sie die bereits katalogisierten Bestände abrufen:
Die Bestände können auf Anfrage in der Fachbereichsbibliothek Kunstgeschichte eingesehen werden.
Die Bearbeitung des Nachlasses Strzygowski erfolgt im Rahmen des Projektes „Persica Centropa: Cosmopolitan Artefacts and Artifices in the Age of Crises, 1900-1950“ , das von Yuka Kadoi (Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien) geleitet und vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF / Elise-Richter-PEEK-Programms V-995) unterstützt wird. Das Projekt untersucht den Entstehungsprozess von Josef Strzygowskis um 1900 entwickelten Thesen zur Rolle des Orients in der Entwicklung der mittelalterlichen europäischen Kunst.
Während sein Beitrag für die Orient-oder-Rom-Debatte weithin bekannt ist, wurde bisher kaum untersucht, wie sich seine zukunftsweisenden Ansichten über außereuropäische Kunst geformt und artikuliert haben.
Durch die Katalogisierung seiner Sammlung von Sonderdrucken wird nicht nur die Forschungsmethodik Strzygowskis sichtbar, sondern es wird auch ein Schlaglicht auf den bisher unterschätzten Aspekt seines internationalen Netzwerks von Gelehrten und Verlegern geworfen.
Obwohl Sonderdrucke heute für die aktuelle Forschung keine wichtigen Informationsquellen mehr sind (sie wurden durch PDFs und Online-Publikationen ersetzt), wirkten sie in der Vergangenheit als stille, aber wirkungsvoller Impulsgeber für die wissenschaftliche Kommunikation und dokumentieren so das komplexe Wissenschaftsnetzwerk der europäischen und außereuropäischen Kunstgeschichtsforschung während der ersten Jahrzehnte des zwanzigsten Jahrhunderts.
Der in Bielsko-Biała (heutiges Polen) geborene Strzygokwski war im frühen 20. Jahrhundert eine der zentralen Figuren der Wiener Schule der Kunstgeschichte. Als wichtiger Vertreter der „Weltkunst“ entwickelte er einen theoretischen Ansatz für ein nicht-hierarchisches, geographisches Konzept der Kunstgeschichte, das er im überwiegenden Teil seiner akademischen Karriere verfolgte und das ihm die Unterstützung und Sympathie von Studierenden und Nachfolgern mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen sicherte.
Dennoch war Strzygowski eine auch wissenschaftlich nicht unumstrittene Person, die sogar als „Hunnenkönig“ tituliert wurde. Es ist bekannt, dass er sich mit seiner rebellischen akademische Haltung Feinde innerhalb der Wiener Schule der Kunstgeschichte schuf, mit der Folge, dass nach dem Tod von Franz Wickhoff (1853-1909) der 2. Lehrstuhl für Kunstgeschichte, der bereits 1879 an der Universität Wien eingerichtet worden war, organisatorisch vom 1. Lehrstuhl getrennt wurde und unter dem Namen I. Kunsthistorisches Institut eigenständig arbeitete. Erst 1934, nach der Emeritierung Strzygowskis, wurden die beiden Institute wieder zusammengeführt.
Seinen breit gefächerten Interessen folgend erwarb Strzygowski zahlreiche Publikationen aus unterschiedlichsten Bereichen, von gängiger europäischer Kunstliteratur bis hin zu kaum bekannten Zeitschriftenartikeln zu außereuropäischen Themen. Er sammelte neben vollständigen Büchern auch Sonderdrucke, die ihm häufig von Kolleg*innen zugeschickt wurden. Seine Bestände waren sowohl in der Privatwohnung als auch in seinem Kunsthistorischen Institut untergebracht. Nach dem Tod Strzygowskis gab es von unterschiedlichen Seiten Versuche, die privaten Bestände zu erwerben. Ab 1948 zeigte das Kunsthistorische Institut Interesse an den Bibliotheksbeständen, was 1951 zu einer treuhänderischen Übernahme führte, bis 1953 die Witwe Herta Karasek-Stzygowski endgütig zustimmte, dass der Bestand „in der Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts der Universität Wien dauernd Aufstellung findet und so der wissenschaftlichen Auswertung zugeführt wird“ (Schreiben über die Übergabe des Nachlasses Stzygokwski durch seine Witwe, 30. November 1953, IKW, Institutsakten). Mit dem hier beschriebenen Projekt wird diesem Auftrag weiter Rechnung getragen.