Universalinstrument von Utzschneider und Liebherr

Universalinstrument von Utzschneider und Liebherr

Teleskop zur astronomischen Positionsbestimmung
Werkstatt Joseph von Utzschneider, München, um 1830
Metall, Glas
Maße: Objektivdurchmesser: 3,3 cm, Durchmesser der Teilkreise: 23 cm
Aus der Sammlung der Universitätssternwarte Wien


Vor genau 400 Jahren, im Herbst 1608, wurde das astronomische Fernrohr erfunden. Genauer gesagt: der Herbst 1608 markiert den Zeitpunkt, zu welchem die Erfindung des Fernrohrs durch historische Akten für uns greifbar zu werden beginnt. Der Holländer Hans Lipperhey (1570–1619) wandte sich nämlich zu besagtem Zeitpunkt an die Generalstaaten in Den Haag und ersuchte für seine Errungenschaft um ein Patent für die Dauer von 30 Jahren. Doch wurde ihm Ende desselben Jahres ein negativer Bescheid gegeben, mit der Begründung, er sei schon nicht mehr der einzige, der die Kunst der Verfertigung von Linsenfernrohren beherrsche. Galilei (1564–1642) und Kepler (1571–1630) erwarben sich das Verdienst, erstmals Teleskope gezielt astronomisch einzusetzen - dies leistete vor allem ersterer, neben dem Engländer Thomas Harriot (1560–1621) - und eine geometrisch-optische Theorie der Funktionsweise von Fernrohren zu liefern (dies leistete letzterer).

Unser Objekt des Monats ist zwar kein 400 Jahre altes Fernrohr – ein solches befindet sich in den Sammlungen der Universität Wien nämlich gar nicht. Immerhin aber handelt es sich um ein Linsenteleskop aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Was seinen Objektivdurchmesser (3,3 cm) betrifft, ist es durchaus vergleichbar mit den von Galilei und Kepler einst verwendeten Fernrohren. Es unterscheidet sich aber von diesen durch eine weit bessere optische Qualität, den soliden Messing-Tubus und vor allem die aufwändige Montierung (siehe vertikalen und horizontalen Kreis im Bild, samt Röhrenlibelle, Ableselupen und versilberten Skalen). Das Instrument als Ganzes wird als „Universalinstrument“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein astronomisches Winkelmessgerät, mit dem präzise Winkelmessungen in Azimut (= in der Horizontebene) und Höhe (= senkrecht zur Horizontebene) durchgeführt werden können. Zur umfassenden, hochpräzisen Positionsbestimmung (Astrometrie) ist dieses Instrument in idealer Weise geeignet. Im 19. Jahrhundert war die Astrometrie noch einer der wichtigsten Zweige der Astronomie.

Die 1816 begründete Herstellerfirma, Utzschneider, Liebherr & Werner, hatte ihren Sitz in München und belieferte von dort aus wissenschaftliche Institute in ganz Europa – so auch die Wiener Universitätssternwarte. Dort findet anlässlich des Jubiläums ein Sonderkolloquium zur Geschichte der Astronomie unter dem Titel 400 Jahre Fernrohr - der Beitrag Europas statt. Das Kolloquium wird im Rahmen des Joint European Meetings und dem Meeting der Astronomischen Gesellschaft JENAM 2008  vom 8.-12. September 2008 abgehalten.

Text: Mag. DDr. Thomas Posch, Foto: Dr. Jürgen Hamel