Anbetung der Könige

Anbetung der Könige

Gipsabguss eines Reliefs aus Walross-Elfenbein, um 1900
Maße: ca. 20 x 20 cm
Aus der Gipsabguss-Sammlung des Instituts für Kunstgeschichte


Ebenso wie man an Kunstakademien im 19. Jahrhundert Gipsabgüsse antiker Statuen als Lehrmittel einsetzte, hat man auch im Kunstgeschichteunterricht entsprechende Reproduktionen von Kleinskulpturen und kunstgewerblichen Objekten als Anschauungsmaterialien verwendet. Am Kunsthistorischen Institut der Universität Wien haben sich etwa 120 solcher Stücke erhalten, vorwiegend Abgüsse von Elfenbeinfiguren, -Objekten und -Reliefs der Spätantike und des Hoch- sowie Spätmittelalters.

Auch das Objekt des Monats Dezember mit weihnachtlichem Thema gehört zu dieser Gruppe. Es handelt sich um die Reproduktion eines Stückes des British Museum in London (Inv.-Nr. 145-1866). Dargestellt ist die Huldigung des neugeborenen Christkindes durch die vom Stern herbeigeführten Weisen oder Magier aus dem Morgenland (Mt. 2). Im Unterschied zur biblischen Erzählung spielt das Geschehen nicht in einem Stall, sondern in einer Stadt- oder Palastarchitektur, die baldachinartig die Figuren überhöht bzw. auszeichnet. Die Gottesmutter wird dementsprechend auf einem Thron präsentiert und Ochs sowie Esel fehlen ebenso wie der heilige Josef. Die vom Evangelisten weder in ihrer Dreizahl noch als namentlich bekannte Herrscher ausgewiesenen Verehrer des Königs der Juden sind durch ihre Kronreifen eindeutig als Könige mit den von der Tradition überlieferten Geschenken zu erkennen und verkörpern auch drei Lebensalter.

Gemeinsam mit zwei weiteren Stücken in London (Geburt Christi bzw. Anbetung der Hirten und Himmelfahrt) sowie zwei Reliefs im New Yorker Metropolitan Museum (Marien am Grab, Ungläubiger Thomas) war die Anbetung der Könige offensichtlich Teil einer Serie von Darstellungen der Lebensgeschichte Jesu. Es wird vermutet, dass die Kleinskulpturen ursprünglich an einer Altarverkleidung (Antependium) angebracht waren. Die Originalreliefs sind wahrscheinlich in einer Kölner Werkstatt in der Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden.

Text: Dr. Friedrich Polleroß, Foto: Karl Pani