Sasanidische Drachme

Sasanidische Drachme

Silberdrachme, um 276–293 n. Chr.
3,80 Gramm
Durchmesser: 28 mm
Aus der Numismatischen Sammlung


Bei vorliegender Münze handelt es sich um eine Drachme des sasanidischen Königs Wahram II., der von 276–293 den Iran regierte. Dieses Stück ist in verschiedener Hinsicht von besonderem Interesse. Zum einen handelt es sich um eines der seltenen Stücke mit drei Brustbildern, zum anderen ist die Benennung der Dargestellten nicht eindeutig geklärt, und zu guter Letzt hat das Stück eine ganz besondere Geschichte, die mit dem Institut, seinem Gründer und einem Einbruch zu tun hat.

Die Vorderseite zeigt die Porträts des Königs und seiner Gemahlin gestaffelt nach rechts gewendet; ihnen gegenüber eine deutlich kleinere Büste, die in der Rechten einen Kranz mit deutlich erkennbarer Kranzschleife hält. Die Büste des Herren ist reich gewandet, an der linken Schulter ist eine runde Fibel erkennbar. Sein Haupthaar ist sehr lang und in zwei Haarballen geteilt, der eine im Nacken, der andere über dem Scheitel hochgebunden, der sogenannte Korymbos. Die Krone besteht aus einem Kronenreif mit nach hinten flatternden Bändern und auf dem Kronenreif montierten Adlerflügeln. Links neben ihm ist die Büste seiner Gattin erkennbar, von der nur die Profillinie, die beiden langen Zöpfe und die Krone mit einem Ebervorderteil zu sehen sind. Die Büste ihnen gegenüber ist deutlich kleiner und trägt eine hohe Kronenhaube mit Adlerkopf. Das Münzbild ist von einer Legende in Pehlevi umgeben, die in Übersetzung lautet: „Der Mazdah-Verehrer, Wahram, König, der Könige von Iran und Nichtiran, der abstammt von den Göttern“.

Die Rückseite zeigt im Zentrum einen Feueraltar mit senkrecht aufsteigenden Flammen zwischen zwei Figuren, die diesem zugewandt stehen. Die Linke ist unschwer als ganzfigürliche Wiedergabe des Königs zu verstehen – man vergleiche etwa die beiden Haarballen. Er streckt seine Rechte in die Höhe, die Linke hält er waagrecht. Die Figur rechts neben dem Feueraltar ist eindeutig weiblich und steht dem Feuer zugewandt und trägt eine Adlerkrone. In ihrer Rechten hält sie einen Kranz mit Diadembändern. Als weibliche Gottheit kommt hier eigentlich nur Anahit in Frage. Die Ähnlichkeit mit der kleinen Büste der Vorderseite ist überzeugend. Es kann sich daher dabei gleichfalls nur um Anahit handeln.

Dieses Stück war mit manch anderen von Robert Göbl (1919–1997), dem Begründer der sasanidischen Numismatik schon mehrfach publiziert worden. Als dieses nun in einer Gruppe von Münzen und anderen archäologischen Objekten im Wiener Münzhandel auftauchte, wurde es sehr schnell als aus der Sammlung Göbl stammend erkannt. Vor etwa dreißig Jahren waren bei einem Einbruch in seine Villa ein Gutteil der Sammlung und andere Kunstobjekte entwendet worden. Die insgesamt 65 Objekte – drei Tonbullen und 62 Münzen – sind die ersten Stücke, die aus dem Diebstahl überhaupt aufgetaucht sind und auch eindeutig identifiziert werden konnten; sie alle wurden für die Institutssammlung erworben. Die Zahl mag bei der Größe der Institutssammlung von etwa 30.000 Stück nicht besonders imposant erscheinen. Die Stücke erhalten ihre Bedeutung vor allem dadurch, dass sie bereits mehrfach publizierten worden sind, dann dreißig Jahre verschollen waren und jetzt in der Sammlung des Instituts der internationalen Fachwelt für Autopsien wieder zur Verfügung stehen. Davon abgesehen dokumentiert dieser Ankauf auch ein Stück Institutsgeschichte, eine unmittelbare dingliche Erinnerung an den Institutsgründer, seine Sammeltätigkeit und sein wissenschaftliches Werk.

Text: Ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Szaivert; Foto: Institut für Numismatik