Joseph Freiherr von Sonnenfels (1732–1817)
von Anton Graff (1736–1813)
Beschriftet: Josephus a Sonnenfels / studii politici / in Austria primus / professor
(zugeschrieben) von 1778
Öl auf Leinwand
Maße: 63 X 44,5 cm
Aus dem Archiv der Universität Wien, Inv. Nr. P 276
Im Bestand des Archivs der Universität Wien befindet sich unter der Signatur Nummer 105.P 276 ein bemerkenswertes Porträt des Freiherrn Joseph von Sonnenfels aus dem Jahre 1778. Dieses Porträt, das nicht signiert ist, wird dem Maler und Porträtisten Anton Graff, dessen Todesjahr sich heuer zum zweihundertsten Mal jährt, zugeschrieben. Zwei herausragende Personen ihrer Zeit treffen in diesem Werk aufeinander. Das ist zum einen Freiherr Joseph von Sonnenfels (1732–1817), die Verkörperung der habsburgischen Aufklärung in Österreich, und zum anderen der Maler Anton Graff (1736–1813), durch den die Porträtmalerei einen anderen, höheren Stellenwert bekommen hat.
Sonnenfels hat im Jahr 1768 einen Vortrag in der k. k. Zeichnung und Kupferstecher-Akademie über die Porträtmaler gehalten, wobei er den niedrigen Stellenwert des Porträts beklagt. Gleichzeitig benennt er Kriterien, die ein Porträtmaler zu berücksichtigen habe, um ein wirklich gutes, lebensnahes Porträt zu verfertigen. Eine gute Zeichnung, der richtige Umgang mit der Farbe, die Beherrschung von Hell und Dunkel, das Kolorit der Haut und die Wahrhaftigkeit der künstlerischen Darstellung sind nur einige dieser Anforderungen, die zu berücksichtigen wären. All diese Voraussetzungen treffen auf die Porträts des 1736 in Winterthur geborenen Anton Graff zu. Nach gründlicher Ausbildung, einer seiner Lehrer war Johann Kupecky (1667–1740), gelangt Graff über mehrere Stationen nach Dresden, wo er zum Sächsischen Hofmaler und Professor an der Kunstakademie berufen wird. Als er hochangesehen im Jahre 1813 stirbt, hinterlässt er über 2.000 Zeichnungen und Bilder. Graffs Schwiegervater, der Schweizer Theologe und Philosoph Johann Georg Sulzer (1720–1779) bemerkt in einem Aufsatz, datiert aus dem Jahr 1773, über das Porträt, dass es Graff gelungen sei, die Personen so umfassend darzustellen und zu charakterisieren, sodass diese ihr Abbild kaum ertragen könnten. Graffs Personendarstellungen entbehren darüberhinaus alles Höfischen, das Bürgerliche wird in den Vordergrund gestellt. So entstehen überaus lebendige und aussagekräftige Bilder in ungekünstelter Pose.
Das dem Maler Anton Graff zugeschriebene Porträt des Joseph von Sonnenfels hat eine Bildgröße von 63 x 44,5 cm, die Technik ist Öl auf Leinwand. Am unteren Bildrand befindet sich eine Inschrift in schwarzen Lettern auf Ockergrund, welche lautet: JOSEPHUS A SONNENFELS, STUDII POLITIC I, IN AUSTRIA PRIMUS, PROFESSOR. In deutscher Übersetzung bedeutet dies: Joseph von Sonnenfels, Österreichs erster Professor für Politische Wissenschaften. Diese Inschrift beeinträchtigt den Gesamteindruck des Bildes und lässt vermuten, dass die Beschriftung erst nachträglich eingefügt worden ist. Sonnenfels ist im Halbprofil dargestellt, es zeigt ihn als etwa fünfundvierzigjährigen Herren im damals üblichen Überrock, einem weißen Halstuch, das aus einem gestreiften Gilet hervorquillt. Auf dem Kopf trägt Sonnenfels eine Perücke mit Zopf. Auf dem Überrock ist das Kleinkreuz des Stephansordens zu erkennen. Die hellen Gesichtszüge und das weiße Halstuch heben sich von dem in Erdfarben gehaltenen Hintergrund, der einen leichten Helldunkelverlauf zeigt, deutlich ab. Glanzlichter, gekonnt gesetzt auf die Augen, geben der Person einen wachen, selbstbewussten Blick. Herausfordernd blickt Sonnenfels auf den Betrachter, wohl wissend um seine eigene Position im Wiener Geistesleben. Meisterhaft ist das Kolorit der Haut ausgeführt, die Gesichtszüge lebensnah wiedergegeben. Dem Maler ist es gelungen, über das reine Abbild hinaus, das Wesen und die charakterlichen Eigenschaften dieser Persönlichkeit einzufangen und wiederzugeben. Bemerkenswert ist die Einbettung des Gesichtes in den Hintergrund. Es sind weiche, fast fließende Übergänge, die ein großes Ganzes ergeben.
Bekannt ist, dass 1779 ein Porträt von Sonnenfels gemeinsam mit anderen Bildnissen im Hörsaal für Kirchenrecht im "Neuen Aulagebäude" der Universität (heute Sitz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) aufgehängt wurde. Dieses Bild müsste also irgendwann davor, möglicherweise 1778, entstanden sein. Im Werkverzeichnis von Graff hingegen wird die Entstehung des Bildes mit 1787 angegeben, Sonnenfels war in diesem Jahr in Berlin, könnte Graff somit für das Porträt Modell gesessen haben. Aus dieser Zeit, genau datiert mit 9. August 1787, gibt es einen Brief an die Freunde des Montagsklubs in Berlin, in den Sonnenfels aufgenommen worden war. Eine weitere Ungereimtheit ergibt sich aus dem Umstand, dass Sonnenfels mit dem Kleinkreuz des Stephansordens abgebildet ist. Dieses erhielt er erst im Jahre 1804 für bisher geleistete Dienste von Kaiser Franz verliehen. Somit haben wir ein Porträt vor uns, das widersprüchlicher nicht sein kann. Einzig die hohe malerische Qualität des Porträts von Sonnenfels lässt den Schluss zu, dass der Maler nur Anton Graff heißen könnte.
Als Beweis seien hier zwei Abbildungen genannt und angeführt. Im dritten Band der Kleinen Wiener Memoiren des Franz Gräffer, erschienen 1848, ist ein Porträt des Sonnenfels enthalten. Aus der Untertitelung können der Maler Graff, der Drucker Rauh, der Zeichner - gemeint ist wohl der Radierer - Fischer, herausgelesen werden. In Sonnenfels' Handbuch der inneren Staatsverwaltung aus dem Jahre 1793, gedruckt bei Camesina in Wien, befindet sich ein Bildnis von Sonnenfels, das eine hohe Übereinstimmung mit dem beschriebenen Ölbild aufweist. Dort befindet sich ebenfalls ein Hinweis unter dem Bild, der die Urheberschaft Graffs unterstreicht. Beiden Bildern ist allerdings eines gemeinsam: das Fehlen des Stephansordens . Somit lässt das Porträt des Freiherrn von Sonnenfels noch einige Fragen offen, die einer genaueren Untersuchung und Abklärung harren.
Dauer: 25. Okt. 2013 bis zum 23. Febr. 2014
Ernennungsdekret des Joseph von Sonnenfels zum Professor der neu eingeführten Polizei- und Kameralwissenschaft in Phaidra: o:27164
Archiv der Universität Wien
Text: Johannes Dobner, Foto: Karl Pani