Photographie "Maschinendrusch"

Photographie "Maschinendrusch"

Auf beschriftetem Karteiblatt fixierte s/w-Fotografie
Maße: 9 x 14 cm (Karteiblatt 21 x 29 cm)
"Nachlass Fielhauer"
Aus der Sammlung des Instituts für Europäische Ethnologie


Die deutschsprachige Volkskunde / Europäische Ethnologie hat sich lange Zeit vorwiegend mit agrarwirtschaftlich geprägter "Volkskultur" vormodernen Zuschnitts beschäftigt und dabei vor allem die festlich begangenen Zäsuren des Jahres- und Lebenslaufs beachtet. Vergleichsweise spät berücksichtigt wurden dagegen die alltäglichen Arbeitsverhältnisse, wie sie unter jeweils zeitbedingt unterschiedlichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Vorzeichen gestanden sind.

Die hier aus dem Nachlass von Univ. Prof. Helmut Fielhauer (1937–1987) gezogene Karteikarte bzw. Fotografie dokumentiert diese auch im Wiener Institut in den frühen 1970er Jahren einsetzende Erweiterung der Erkenntnisinteressen des Faches. Fielhauer hatte sich über viele Jahre mit der Gutshofwirtschaft im nordöstlichen Niederösterreich während der Zwischenkriegszeit beschäftigt. Dabei galt seine Aufmerksamkeit zum einen der spezifischen hierarchischen Organisationsform der Gutshöfe und der Rolle dieser landwirtschaftlichen Großbetriebe im sozio-ökonomischen Strukturwandel der Landwirtschaft, zum andern aber auch den Arbeits- und Lebensumständen der in dieser Wirtschaftsform tätigen Landarbeiterschaft, vor allem den aus der Gegend östlich der March stammenden slowakischen Saisonarbeitern. Die Fotografie zeigt eine Drescherpartie Mitte der 1920er Jahre, die nach beendetem Drusch neben und zum Teil auf der Dreschmaschine posiert, ein häufiges und beliebtes Sujet damaliger regionaler Berufsfotografie, wie die seinerzeitige (durch die Adressierung auf der Rückseite ersichtliche) Verwendung des Gruppenbildes als Grußkarte verdeutlicht. Das Bild erinnert an eine frühe Phase der Maschinisierung der Landwirtschaft, zugleich aber auch daran, dass auch von technischen Innovationen geprägte Arbeitsweisen bestimmte Formen gemeinschaftlicher ritueller Überhöhungen des Alltags zulassen, allgemeiner gesagt: dass Tradition und Moderne einander nicht ausschließen.

Das hier gezeigte Objekt steht exemplarisch für all die bildlichen und schriftlichen Dokumentationen und Aufzeichnungen, die in den Forschungsnachlässen ehemaliger Institutsangehöriger nicht nur fachgeschichtlich interessante Zeugnisse früherer Forschungsinteressen oder Erhebungsmodalitäten bereitstellen, sondern durchaus auch Materialien für konkret-aktuelle weiterführende Fragen.

Text und Foto: Dr. Herbert Nikitsch