"Mollusca – Cephalopoda – Tetrabranchiata"

"Mollusca – Cephalopoda – Tetrabranchiata"

Wandtafel Nr. 25 von Karl Alfred von Zittel (1839–1904), um 1880
Papier auf Leinwand, Holz
Kolorierte Lithografie
Maße: 140 x 104 cm
Aus der Paläontologischen Sammlung


Die Serie "Paläontologischer Wandtafeln" von Karl Alfred von Zittel (1839–1904) bot die ersten Wandtafeln dieses Fachbereiches, die durch einen Verlag produziert wurden. Aus der bei Theodor Fischer (1808–1884) in Kassel erschienen Serie, die über 50 Tafeln umfasste, sind an der Universität Wien noch dreizehn Stück erhalten. Es ist jedoch unklar, ob jemals die gesamte Serie angekauft wurde, oder nur einzelne Tafeln daraus. Wandtafeln waren zu Ende des 19. Jahrhunderts ein weit verbreitetes didaktisches Hilfsmittel, das über Lehrmittelhandlungen weltweit vertrieben wurde. So finden sich Wandtafeln von Karl Alfred von Zittel beispielsweise auch im Universitätsmuseum der Universität Utrecht .

Karl Alfred von Zittel wurde 1839 in Bahlingen am Kaiserstuhl als Sohn eines protestantischen Pfarrers in Freiburg im Bresgau geboren und studierte Geologie und Medizin in Heidelberg. Schon als Schüler war er ein eifriger Sammler und Bestimmungshelfer für Fossilien im Mineralienkontor J. Lommel (Heidelberg). Nach dem Abschluss seines Studiums im Jahr 1860, ging Zittel zunächst an die Sorbonne in Paris und kam 1862 nach Wien, das zum damaligen Zeitpunkt wegen der Professoren für Geologie (Eduard Suess) und Paläontologie (Carl Ferdinand Peters), der k.k. Geologischen Reichsanstalt und der reichhaltigen Sammlungen des Hofmineralienkabinetts als eines der Zentren für Geowissenschaften in Europa galt. Zittel wird als Volontär an der k.k. Geologischen Reichsanstalt aufgenommen, besucht Vorlesungen bei Eduard Suess (1831–1914) und Carl Ferdinand Peters (1825–1881) und erhält dann auf Vermittlung durch den Geologen Moriz Hoernes (1815–1868) eine Assistentenstelle am k.k. Hofmuseum. Dort wird er mit der Bearbeitung der von Ferdinand von Hochstetter (1829–1884) aus Neuseeland mitgebrachten Echinodermen (Stachelhäuter) und Mollusken (Weichtiere) betraut.

1863 wird er als Ordinarius für Mineralogie, Geologie und Petrefaktenkunde an das Polytechnikum nach Karlsruhe berufen, 1866 wird er ordentlicher Professor der Paläontologe an der Universität München sowie Direktor des "Paläontologischen Museums" in München (heute: Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie). In den folgenden Jahrzehnten publiziert Zittel zahlreiche wissenschaftliche Beiträge und Bücher, drunter Standardwerke wie die Geschichte der Paläontologie und Geologie bis Ende des 19. Jahrhunderts , Grundzüge der Paläontologie (Paläozoologie) und das Handbuch der Paläontologie .

Die gezeigte Wandtafel mit der Nummer 25 ist den Cephalopoden (Kopffüssern) gewidmet. Sie stellen die am höchsten entwickelten Mollusken dar und sind aktive Schwimmer mit leistungsfähigen Sinnesorganen, etwa den Augen. Cephalopoden leben bzw. lebten nur im marinen Bereich. Zu ihnen zählen die größten lebenden Evertebraten (Wirbellosen): einschließlich der Arme wird die Gattung Architeuthis bis zu 22(!) Meter lang. Fossile Cephalopoden, wie etwa die auf der Tafel abgebildeten Ammonoidea, lieferten die wichtigsten Makro-Leitfossilien vom Devon bis zum Ende der Kreidezeit (LEHMANN & HILLMER, 1991). Die auf der Tafel gezeigten Ammoniten gehören zur Gruppe der Tetrabranchiata, werden auch Ectocochlia genannt und sind Cephalopoden mit zwei Paar Kiemen, zahlreichen Armen und einem äußeren Gehäuse. In der Mitte der Wandtafel sind unter der Nummer 8 so genannte Aptychen dargestellt. Diese Strukturen wurden früher oft als Operculum (Mündungsdeckel) bezeichnet. Später erkannte man sie auch als Kieferapparat der Ammonoideen. Sekundär dürfte sich allmählich bei den Aptychen eine Doppelfunktion als Unterkieferapparat und Mündungsdeckel herausgebildet haben (LEHMANN, 1990).

Den fossilen Ammoniten steht nur der rezent vorkommende Nautilus, das Perlboot, gegenüber (LEHMANN & HILLMER, 1991).

Ausstellungshinweis:

Diese Wandtafel ist neben zwei weiteren historischen Wandtafeln noch bis 10. Jänner 2016 in der
Jubiläums-Ausstellung Das Wissen der Dinge  zu sehen:

Ort: Naturhistorisches Museum Wien, Saal 50 (2. Stock)
Adresse: Maria Theresienplatz 1, 1010 Wien
Öffnungszeiten: Do–Mo 9:00–18:30 Uhr, Mi 9:00–21:00 Uhr
Dauer der Ausstellung: 06.05.2015–10.01.2016

Literaturhinweise:

BUCCHI, Massimiano: Images of science in the classroom: wallchats and science education 1850-1920. In: BJHS 31 (1998), S. 161-184. (Digitalisat) 
MAYR, Helmut: Karl Alfred von Zittel zum 150jährigen Geburtstag (25.9.1839-5.1.1904). In: Mitteilungen der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Historische Geologie 29 (Dezember 1989), S. 7-51. (Digitalisat) 
LEHMANN, Ulrich: Ammonoideen. Leben zwischen Skylla und Charybdis. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1990. Exemplare im Bestand der UB Wien
LEHMANN, Ulrich & HILLMER, Gero: Wirbellose Tiere der Vorzeit – Leitfaden der systematischen Paläontologie der Invertebraten. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage mit mehr als 1000 Einzeldarstellungen, Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1991. Exemplare im Bestand der UB Wien

Text: Ass.-Prof. Mag. Dr. Karl Rauscher und Claudia Feigl, Foto: Foto: Foto Leutner, Wien