Doryanthes palmeri
Pflanzenfamilie: Speerblumengewächse (Doryanthaceae)
Wuchshöhe: bis zu 5 Meter
Aus dem Botanischen Garten der Universität Wien
Standort: Eingangsbereich
Doryanthes ist eine Pflanzengattung, die nur in einem sehr schmalen Streifen im Osten Australiens vorkommt, sie ist dort also endemisch. Die Gattung umfasst nur zwei allgemein anerkannte Arten (D. excelsa, D. palmeri), die teilweise noch einmal in Varietäten unterteilt werden. Traditionell hatte man die Gattung früher verwandtschaftlich den Agavengewächsen zugeordnet. Gestützt auf neue molekulare Untersuchungen vertreten Wissenschafterinnen und Wissenschafter nun aber die Meinung, dass es sich um eine eigene Familie (Doryanthaceae) handelt, die näher mit den Irisgewächsen (Iridaceae) verwandt ist. In Australien stehen beide Arten unter Naturschutz. Doryanthes excelsa wächst auf Sandstein in New South Wales entlang der Zentralküste und im Gebiet von Illawarra. Doryanthes palmeri kommt hauptsächlich in Queensland und im Norden von New South Wales vor, wo ihr Vorkommen auf eine Fläche von einem Quadratkilometer beschränkt ist.
Speerblumen bilden am Naturstandort gewaltige Rosetten von zwei bis drei Metern Durchmesser und einer Höhe von über fünf Metern. Die bis zu vier Meter langen Einzelblätter wurden von den australischen Ureinwohnern zur Herstellung von Korbwaren genutzt. Aus der Rosette wächst nach zehn bis 15 Jahren ein spektakulärer Blütenstand; der Schaft erreicht am Naturstandort bis zu acht Meter Länge, der Blütenstand selbst kann über einen Meter lang werden und besteht aus bis zu 350 intensiv rot gefärbten Einzelblüten, die in der Natur von Vögeln bestäubt werden. Nach der Fruchtreife stirbt die Blüten bildende Rosette ab, lebt aber in Form der vielen Kindeln, die sie inzwischen gebildet hat, weiter. In ihrer Heimat findet man deshalb die Pflanzen kaum einzeln; sie wachsen normalerweise in Kolonien.
Bis zum ersten Blühereignis im Botanischen Garten der Universität Wien im Jahr 2003 war nicht klar, um welche Art es sich bei der hier seit vielen Jahren kultivierten Pflanze handelt. Erst mit den eindeutigen Merkmalen ihres Blütenstandes konnte die Pflanze als D. palmeri bestimmt werden. D. excelsa hat einen streng aufrechten Blütenstand, der am Ende des langen Schaftes kopfförmig Blütenbüschel bildet. D. palmeri hingegen hat einen eher länglichen Blütenstand, der sehr deutlich überhängt. Bis auf zwei Speerblumen-Individuen wurden die Kindel der "2003-er Generation" an andere botanische Einrichtungen weitergegeben.
Nach 15 Jahren kam 2018 erneut ein Individuum zur Blüte. Aus derselben Generation (es waren die 2003 nach dem ersten Blühereignis gebildeten Kindel) blüht seit April 2020 eine weitere Doryanthes palmeri im Botanischen Garten. Schon im letzten Sommer hatten die zuständigen Gärtner entdeckt, dass auch die zweite im Garten verbliebene Speerblume zum Blühen kommen wird. In der Mitte der Blattrosette begann sich ein Blütenstand zu entwickeln. Mit Spannung wurde verfolgt, ob durch die Übersiedlung der Pflanze in das Überwinterungsquartier der Blütenstand "steckenbleibt", aber er hat sich auch dieses Mal prächtig weiterentwickelt.
Doryanthes wächst gut in durchlässigem, nährstoffreichem Substrat. Im Sommer kann die Speerblume vollsonnig stehen. Auf Grund ihrer Größe und Frostempfindlichkeit ist die Gattung in unseren Breiten nicht so häufig in Kultur zu finden, während sie in England oder im Mittelmeergebiet zum Bestand vieler Botanischer Gärten gehört und dort auch ausgepflanzt werden kann.
Im Sommer stehen die Speerblumen des Botanischen Gartens für gewöhnlich im Freien vor den Gewächshäusern. Da sie aus dem mediterranen Klima Australiens stammen, werden sie frostfrei im Kalthaus überwintert, wo das vorgestellte Exemplar im April 2020 - vom Publikum unbemerkt - ihre Blüten zu öffnen begonnen hat. Das Blühereignis zieht sich erfahrungsgemäß über mehrere Wochen hin. Um unsere Besucherinnen und Besucher an diesem spektakulären Ereignis teilhaben zu lassen, wird die Speerblume im Sommer 2020 direkt im Eingangsbereich des Gartens aufgestellt sein.
Text: Dipl.-Ing.in Barbara Knickmann & Dipl.-Ing. Frank Schumacher; Fotos: Rudolf Hromniak