"Die letzten Tage der Menschheit", gelesen von Helmut Qualtinger

"Die letzten Tage der Menschheit", gelesen von Helmut Qualtinger

DVD-Video, VHS-Kassette und Betamax-Kassette: Helmut Qualtinger liest aus Karl Kraus "Die letzten Tage der Menschheit" (Foto: © Marc Drews)

DVD-Video: Helmut Qualtinger liest aus Karl Kraus: "Die letzten Tage der Menschheit".
Aufzeichnung aus dem Mozartsaal des Wiener Konzerthauses am 12. Jänner 1985.
Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte: Signatur AV-1344

VHS-Kassette: Helmut Qualtinger liest aus Karl Kraus: "Die letzten Tage der Menschheit".
Fernsehaufzeichnung aus dem Jahr 1965. Gesendet auf 3SAT am 24. und 26.10.1998.
Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte: Videosammlung Stadtkino: 5820, 5821. Kassette Nr. 2433a-b

Betamax-Kassette: Helmut Qualtinger liest aus Karl Kraus: "Die letzten Tage der Menschheit".
[Vermutlich Fernsehaufzeichnung aus dem Jahr 1965, dzt. vor Ort nicht überprüfbar]
Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte: Videosammlung Stadtkino: 5820, 5821. Kassette Nr. 978b-c.

Aus der Mediathek der Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte


Die Mediathek der Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte, bestehend aus einer Videothek und einer Audiothek, bietet eine umfangreiche Auswahl an audiovisuellen Medien an, aus dem die drei Objekte passend zur derzeit laufenden Ausstellung "Die Schaleks - eine mitteleuropäische Familie: Fünf Biografien erzählen hundert Jahre Geschichte" ausgewählt wurden. Darin wird anhand von fünf Biografien aus der altösterreichisch-deutsch-tschechisch-jüdischen Familie Schalek die Geschichte Mitteleuropas im 20. Jahrhundert erzählt. Das jüdische Leben in Wien und Prag um die Jahrhundertwende, der Erste Weltkrieg und die Rolle der Frauen sowie die Stellung der Deutschen in der Tschechoslowakei vor und nach der Vertreibung werden auf Kontexttafeln thematisiert und mit den Einzelschicksalen in Verbindung gebracht.

Eines der vorgestellten Mitglieder der Familie Schalek ist Alice Schalek  (1874–1956), eine Journalistin, Fotografin und Autorin. Vor dem Ersten Weltkrieg veröffentlichte sie in der Neuen Freien Presse umfangreiche Reiseberichte, die später auch in Buchform erschienen. Bekanntheit erlangte sie vor allem durch ihre Tätigkeit als einzige weibliche Kriegsberichterstatterin des k.u.k. Kriegspressequartiers. Ab Juni 1915 hielt sie sich in Tirol auf und veröffentlichte ihre ersten Berichte von der Front in der Neuen Freien Presse.

Das war der Beginn einer langen Auseinandersetzung mit Karl Kraus  (1874–1936), der die Art der Berichterstattung von Alice Schalek kritisierte und ihr Kriegsverherrlichung vorwarf. In der von Kraus gegründeten und herausgegebenen Zeitschrift Die Fackel schrieb er mehrere Male über "die Schalek". Im Juli 1916 reichte Alice Schalek Klage gegen Karl Kraus wegen öffentlicher Herabsetzung und Verächtlichmachung sowie Verletzung ihrer persönlichen Ehre ein. In dem angestrengten Gerichtsverfahren kulminierte eine jahrelange Auseinandersetzung zwischen Karl Kraus und Alice Schalek. Im Streit der beiden verschränkte sich der Kriegs- und Antikriegsdiskurs mit anderen Diskursen. Ging es Alice Schalek vor allem um Emanzipation und ihre Anerkennung in zentralen Männerdomänen des Journalismus, so kämpfte Karl Kraus mit den Mitteln der Satire gegen den Krieg und gegen die kriegstreiberische Rolle des Journalismus im Ersten Weltkrieg.
1920 verkündete das Landesgericht für Strafsachen Wien, dass das Verfahren auf Wunsch der Klägerin eingestellt worden ist. Alice Schalek wird auch danach immer wieder zum Gegenstand von Kraus' Polemiken und in seinem Monumentalwerk "Die letzten Tage der Menschheit" setzte er ihr ein Negativdenkmal. Das Stück ist aufgrund seines Umfangs von 220 lose zusammenhängenden Szenen nie komplett aufgeführt worden.

Helmut Qualtinger  (1928–1986), der große österreichische Schauspieler, Dichter, Schriftsteller und Kabarettist nahm sich ab dem Jahr 1962 des Stückes an, hielt zahlreiche Lesungen und veröffentlichte eine fünfteilige Schallplattenaufnahme, die wesentlich zur Bekanntheit der "letzten Tage der Menschheit" beigetragen hat. Qualtingers einmalige Rezitationen dieses Werkes trugen auch dazu bei, "die Schalek" als "unrühmliche" Kriegsberichterstatterin im kulturellen Gedächtnis Österreichs zu verankern.

Im Bestand der Mediathek der Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte finden sich filmische Aufzeichnungen von Helmut Qualtingers Rezitationen der "letzten Tage der Menschheit" aus den Jahren 1965 und 1985. Aus urheberrechtlichen Gründen können an dieser Stelle keine Ausschnitte aus diesen Videos gezeigt werden.

Hörbeispiel  (II. Akt, 7. Szene) zur "Kriegsberichterstatterin Schalek". Ausschnitt aus einer Lesung Helmut Qualtingers vom November 1962 (Österreichische Mediathek).

Mitschnitt  einer Lesung aus dem Jahr 1965 (Youtube).

Literatur:

ARNTZEN, Helmut: "Kraus, Karl". In: Neue Deutsche Biographie 12 (1979), S. 694–696 [Online-Version ]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118566288.html#ndbcontent.

CHRAMBACH, Eva: "Schalek, Alice". In: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 548–549 [Online-Version ]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd120729466.html#ndbcontent.

KLAUS, Elisabeth: Rhetoriken über Krieg. Karl Kraus gegen Alice Schalek. In: Feministische Studien. Zeitschrift für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung, Jg. 26 (2008) Nr. 1, 65–82. Zeitschrift im Bestand der UB Wien

WENDT, Gunna: "Qualtinger, Helmut". In: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 33–34 [Online-Version ]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd126870691.html#ndbcontent.

Text: Marc Drews, Markus Stumpf; Foto: Marc Drews