Auxanometer nach Wilhelm Pfeffer (1845–1920), um 1900
Metall, Holz
Höhe: ca. 40 cm
Inv.-Nr.: UniWien_Pflphy_Geräte_0248
Aus der Sammlung historischer Geräte des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie
Für die Erforschung der inneren und äußeren Vorgänge von Pflanzen wurden im Zuge der Etablierung des relativ neuen Faches "Pflanzenphysiologie" Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche Instrumente und Apparate entwickelt, um verlässliche Meßdaten zu erhalten – etwa bei der Untersuchung des Pflanzenwachstums. Neben optischen Untersuchungen mittels spezieller Mikroskope, kamen auch mechanische Methoden zum Einsatz. Dafür wurden zeitgleich von mehreren Wissenschaftlern sogenannte "Auxanometer" erfunden, um den Wachstumszuwachs einer Pflanze über längere Zeit beobachten und aufzeichnen zu können. Als Pionier auf diesem Gebiet ist der deutsche Botaniker Julius Sachs (1832–1897) anzusehen, der sich schon früh mit Ernährungs- und Wachstumsphysiologie von Pflanzen beschäftigte und als Begründer der experimentellen Pflanzenphysiologie gilt. Julius Sachs entwickelte zu Beginn der 1870er Jahre als erster einen Apparat zur Messung und Registrierung des Pflanzenwachstums, den er "selbstregistrierendes Auxanometer" nannte und der das Wachstum auf einer mit berußtem Papier überzogenen, stündlich eine Umdrehung machenden Trommel aufzeichnete. Der Zeiger war mit einem dünnen Draht verbunden, der über einen Bogen geführt wurde und der fest mit der Spitze der beobachteten Pflanze verbunden war. Ein leichtes Gegengewicht sorgte dafür, dass der Draht immer in Spannung gehalten wurde.
Dieser Apparat wurde von anderen Wissenschaftlern weiterentwickelt, etwa vom an der Universität Wien lehrenden Julius von Wiesner (1838–1916), Josep (Osip) Wasilijewitsch Baranetzky (1843–1905) und dem deutschen Botaniker Wilhelm Pfeffer (1845–1920). Letzterer entwickelte ein Auxanometer, dessen über einen dünnen Draht mit der Pflanzenspitze verbundener Zeiger mit einer Schreibfeder verbunden war, die wiederum mit einer speziellen Tinte präpariert war und die eine Linie auf einer mit Koordinatenpapier bespannten Trommel aufzeichnete. In den Sockel der Trommel war ein Uhrwerk eingebaut, das je nach Bedarf jede viertel, halbe oder ganze Stunde – oder auch alle zwei Stunden – eine kleine Drehung machte. Die Markierungen auf der Trommel gaben so den realen Zuwachs der Pflanze an (siehe Illustration unten).
Alternativ wurde die Linie auf berußtem Papier aufgezeichnet. Welches Papier auf unserem Auxanometer zum Einsatz kam, läßt sich nicht mehr feststellen – auch nicht, wer es wann angefertigt hat. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde es von Julius Wiesner in Auftrag gegeben und verwendet, da es im Detail einige Abweichungen zu dem Trommel-Auxanometer von Wilhelm Pfeffer aufweist. Auch Wiesner widmete sich unter anderem der Untersuchung von Wachstum und Bewegung der Pflanzen; schriftliche Aufzeichnungen oder Dokumentationen zu unserem Auxanometer sind leider nicht erhalten.
Das Auxanometer ist eines der wenigen noch erhaltenen Instrumente seiner Art und war im Jahr 2020 im Rahmen der Ausstellung "Von Pflanzen und Menschen. Ein Streifzug über den grünen Planeten" im Deutschen Hygienemuseum Dresden als Leihgabe ausgestellt.
LICHTSCHEIDL, Irene: Sammlungen des ehemaligen Instituts für Pflanzenphysiologie. In: Schaukästen der Wissenschaft. Die Sammlungen an der Universität Wien. Feigl, Claudia (Hg.). Wien, Böhlau Verlag, 2012. S. 151–154. Online verfügbar
PFEFFER, Wilhelm: Pflanzenphysiologie. Ein Handbuch der Lehre vom Stoffwechsel und Kraftwechsel in der Pflanze. Zweiter Band: Kraftwechsel. Zweite, völlig neu überarbeitete Auflage, Leipzig 1904. Online verfügbar
SACHS, Julius: Vorlesungen über Pflanzen-Physiologie. Zweite Auflage, Leipzig 1887. S. 403–604. Online verfügbar
SPALDING, Edgar P. | MILLER, Nathan D.: Image analysis is driving a renaissance in growth measurement. In: Current Opinion in Plant Biology 16 (2013), S. 100–104. Online verfügbar
STONE, Geo E.: A Simple Self-Registering Auxanometer. In: Botanical Gazette 17, Nr. 4 (1892), S. 105–107 Online verfügbar
Text: Claudia Feigl | Fotograf: Gregor Eder | Illustration aus: Pflanzenphysiologie. Ein Handbuch der Lehre vom Stoffwechsel und Kraftwechsel in der Pflanze von Wilhelm Pfeffer, Leipzig 1904, S. 24.
