Inkunabel mit Ephemeriden für die Jahre 1499–1530

Inkunabel mit Ephemeriden für die Jahre 1499–1530

Almanach noua plurimis annis venturis inseruientia [in annos 1499 - 1531]
von Johannes Stöffler (1452–1531), Jakob Pflaum (ca. 1450–Anfang 16. Jh.) und Regiomontanus (1436–1476)
Gedruckt bei Johann Reger in Ulm, 1499
520 Blatt, 3 Holzschnitte
Format: 4° (Quart)
Signatur: I-138.009
Aus dem Bestand der Universitätsbibliothek Wien


Dom Pedro II. (1825–1891), Kaiser von Brasilien und Sohn von Maria Leopoldine von Österreich(1797–1826) und Dom Pedro I. (1798–1834), erhielt eine hervorragende Bildung, beherrschte vierzehn Sprachen und war ein großer Förderer der Wissenschaft und der Künste. Im Bestand der Universitätsbibliothek Wien befindet sich eine Inkunabel, die der an Astronomie interessierte Monarch der Universitätsbibliothek Wien im Jahr 1871 als Geschenk überreichte. Dabei handelt es sich um einen Almanach (Kalender), der Ephemeriden (d.h. vorausberechnete Positionsangaben von Himmelskörpern) für die Jahre 1499 bis 1530 enthält.

Beginnend mit dem Kalendarium des Regiomontanus (1436–1476) von 1474, stellen Ephemeriden und Kalenderwerke die häufigsten frühneuzeitlichen astronomischen Druckwerke dar. Sie enthalten neben einem Jahreskalender mit der wichtigen Christlichen Festtagsrechnung und den Mondphasen auch oft Beschreibungen von besonderen Planetenkonstellationen oder Sonnen- bzw. Mondfinsternissen. An der Wiener Universitätssternwarte wird etwa eine Augabe des Kalendariums von Regiomontanus aus dem Jahr 1476 aufbewahrt, die Christoph Kolumbus (um 1451–1506) für seine erste Seereise gedient hat.

Die hier vorgestellte Inkunabel hat eine Widmung, die auf den Schenker Dom Pedro II. hinweist und auch darauf, dass in der Inkunabel der Universitätsbibliothek Wien das letzte Heft aus dem Jahr 1531 nicht beigebunden ist:

"Sa Majesté l'Empereur du Brésil D. Pedro II a fait l'acquisition de ce livre pour l'offrir à la Bibliothèque de l'Université de Vienne qui en possédait le dernier cahier (1531) lequel manque dans cet exemplaire. Varnhagen le 7. Oct. 1871

[Übersetzung: Seine Majestät der Kaiser von Brasilien D. Pedro II. hat dieses Buch erworben, um es der Bibliothek der Universität Wien zu schenken, die das letzte Heft (1531) besaß, das in diesem Exemplar fehlt. Varnhagen am 7. Okt. 1871]"

In einem zweiten handschriftlichen Eintrag wird auf die Provenienz der Inkunabel eingegangen: Der Band wurde mit einer großen Anzahl weiterer Bücher aus dem fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert in Schweden verkauft, die demnach größtenteils durch König Gustav II. Adolf (1594–1632) im Zuge des Dreißigjährigen Krieges aus Prag, Olmütz und anderen Orten nach Schweden gebracht worden waren. Im so genannten „Anectionscatalog“ mit dem Titel "Catalogus librorum ad antiquis bibliothecis, Pragensi et Olmucensi, quibus olim regium gymnasium Gustavianum Strengnesense donaverat gl. M. Regina Christina - Stockholmiae mense Oct. 1765" wird die Inkunabel als „höchst seltenes Exemplar“ angeführt. In der handschriftlichen Provenienz wird außerdem darauf hingewiesen, dass die „beiden erfahrenen Bibliographen Zapf und Strauß“ diese Inkunabel aufgenommen haben und sie als „außerordentliche Seltenheit“ betitelt haben.

Ausstellungshinweis:

Die Inkunabel wird noch bis Ende Juni 2023 im Foyer der Hauptbibliothek als Teil der Ausstellung „Reise nach Brasilien – einmal hin und zurück“ gezeigt (Objekt No. 11). 200 Jahre nach Brasiliens Unabhängigkeit von der europäischen Kolonialisierung zeigt die Universitätsbibliothek Wien Bestände, die überwiegend aus dem 19. Jahrhundert stammen – dem Jahrhundert der Transformation Brasiliens von einer Kolonie zum Kaiserreich und schließlich zur Republik.

Im Zentrum der Ausstellung steht das dreibändige Werk „Reise nach Brasilien in den Jahren 1815 bis 1817“ von Prinz Maximilian Wied-Neuwied (1782–1867), welches selbst eine abenteuerliche Reise hinter sich hat. Bis in die 1990er Jahre im Bestand der Universitätsbibliothek Wien, wurde es nach seinem Verschwinden über ein deutsches Antiquariat an einen Sammler in Brasilien verkauft. Daraufhin kamen die drei Bände in eine Kulturstiftung in São Paulo – und schließlich wieder an die Universitätsbibliothek Wien zurück. Diese Restitution gab den Anlass, historische Zimelien sowie Werke mit dem Schwerpunkt 19. Jahrhundert aus dem Bestand der Universitätsbibliothek Wien gemeinsam mit den drei Bänden in dieser Ausstellung zu zeigen.

Inkunabel mit Ephemeriden für die Jahre 1499–1530

Text: Dr.in Mag.a Christina Köstner-Pemsel und Univ.-Prof. Dr. Franz Kerschbaum | Digitale Reproduktion: Universitätsbibliothek Wien