Mikrofilm „Bodl. Bacocci 216“

Mikrofilm „Bodl. Bacocci 216“

35 mm-Mikrofilm auf Spule, um 1970
Inv.-Nr.: I
Aus der Fachbereichsbibliothek Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien


Der gezeigte Mikrofilm aus der Fachbereichsbibliothek Byzantinistik und Neogräzistik ist eine von vielen tausenden Mikrofilmen, die an der Universitätsbibliothek Wien – wie auch an vielen anderen Bibliotheken und Archiven – aufbewahrt werden. Mikrofilme waren vor der technischen Entwicklung von elektronischen Reproduktions- und Speichermöglichkeiten (Digitalisierung) das führende Speichermedium für Druckwerke, Handschriften und andere schriftliche Dokumente. Die Geschichte des Mikrofilms reicht bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück: das erste Patent für den Mikrofilm wurde bereits im Jahr 1859 von dem französischen Fotografen und Chemiker René Dagron (1813-1900) eingereicht – er gilt damit als Erfinder des Mikrofilms. Durch seine Verbesserung des Kollodiums wurde es möglich, dieses auf einen flexiblen Negativfilm aufzutragen und so stark verkleinerte, fotografische Aufnahmen von großen Vorlagen auf einer kleinen Filmrolle festzuhalten.

An diesem Verfahren hat sich bis heute nichts geändert, allein werden Mikrofilme heute nicht mehr mit einer Laterne magica vergrößert und gelesen, sondern mit eigenen Mikrofilm-Lesegeräten, die in der Regel auch die Möglichkeit bieten, Ausdrucke bzw. Speicherungen auf externen Datenträgern anzufertigen. Der große Erfolg von Mikrofilmen als Datenspeicher liegt in der kompakten Speicherung großer Datenmengen auf einem kleinen, extrem langlebigen Datenträger. Bei richtiger Lagerung geht man davon aus, dass Mikrofilme mehrere hundert Jahre überdauern können. Sie gelten daher als das langlebigste aktuell verfügbare Speichermedium.

An der Fachbereichsbibliothek Byzantinistik und Neogräzistik wird ein Bestand von über 300 Mikrofilmen (und einigen wenigen Mikrofiches) aufbewahrt, die im Zuge von Forschungsprojekten aus der Byzantinistik (byzantinische Handschriften) und Neogräzistik (griechische Zeitungen) erworben wurden. Die ersten Erwerbungen wurden schon in der Anfangszeit des 1962 gegründeten Instituts für Byzantinistik und Neogräzistik getätigt.

Reproduktionen auf Mikrofilmen dienten als wertvolle und unverzichtbare Hilfsmittel für die Beforschung griechischer Handschriften aus Bibliotheken weltweit.

Der gezeigte Mikrofilm mit der römischen Nummerierung „I“ wurde gemeinsam mit 155 weiteren Mikrofilmen in den 1970er Jahren im Zuge eines Forschungsprojektes, das sich mit der paläografischen Untersuchung mittelalterlicher griechischer Handschriften und der Identifizierung der jeweiligen Kopisten befasste, angekauft. Daraus ging das von den Byzantinisten Herbert Hunger (1914-2000), Ernst Gamillscheg (geb. 1950) und Dieter Harlfinger (geb. 1940) erstellte mehrbändige Standardwerk „Repertorium der griechischen Kopisten 800-1600“ hervor.

Die Mikrofilm-Sammlung war erst unlängst Gegenstand eines Abschlussprojekts im Rahmen des Universitätslehrgangs „Library and Information Studies“. Im Zuge dessen wurden alle Mikrofilme der Sammlung aus den ursprünglichen Metall- und Plastikdosen in säurefreie Archivboxen umgelagert, komplett durchgesehen und die Handschriften auf eine eventuelle elektronische Verfügbarkeit abgeglichen. Dabei zeigte sich, dass der Großteil der auf Mikrofilm vorhandenen Handschriften bereits digital verfügbar ist. Dennoch hat sich die Bibliothek bewusst dazu entschieden, die Mikrofilme weiterhin aufzubewahren, um das darin gespeicherte kulturelle Erbe analog und damit langfristig zu sichern.

Weiterführende Literatur:

GAMILLSCHEG, Ernst / HARLFINGER, Dieter / HUNGER, Herbert (Hg.): Repertorium der griechischen Kopisten 800-1600. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1981-1997. Exemplare im Bestand der UB Wien

KODER, Johannes: Die Entwicklung der Byzantinistik in Österreich nach dem zweiten Weltkrieg. In: Byzantino Bulgarica 4 (1973), S. 325-331. Elektronisch verfügbar

Mikrofilm „Bodl. Bacocci 216“

Text und Projektbetreuung: Mag.a Claudia Feigl, MAS & Mag.a Dr.in Anna Ransmayr, BA | Projektdurchführung: Konstantina Toumanidou & Tobias Goldberger, MA | Fotografie: Mag.a Dr.in Anna Ransmayr, BA