Novus Atlas Sinensis

Novus Atlas Sinensis

Novus Atlas Sinensis. Das ist ausfuhrliche Beschreibung des grossen Reichs Sina, Amsterdam, um 1655
Martino Martini (1614–1661)
177 Seiten mit 17 kolorierten Karten
Pergamenteinband, Goldprägung und Goldschnitt
Maße: 54,8 x 36 x 6,8 cm
Signatur: UBW IV-138247
Aus der Sammlung Alte und Wertvolle Bestände der Universitätsbibliothek Wien


Diese erste systematische und wissenschaftliche Untersuchung der chinesischen Geographie und Kultur machte den Jesuitenmissionar Martino Martini (1614–1661) berühmt. Der "Novus Atlas Sinensis" enthält 17 außerordentlich detailgetreu und kunstvoll gestaltete kolorierte Karten der chinesischen Provinzen sowie eine Karte Japans und Koreas und beschreibt die chinesische Bevölkerung und ihre Kleidung.

Martini, im Fürstbistum Trient geboren, trat 1631 in den Jesuitenorden ein und entwickelte während seines Studiums in Rom und Portugal ein starkes Interesse an Astronomie und Mathematik. 1640 brach er nach China auf, wo er ab 1642 wirkte und bedeutende geographische und kulturelle Informationen sammelte. Als Missionar erlebte er den Übergang von der Ming- zur Qing-Dynastie und gewann das Vertrauen der neuen Herrscher, was ihm Schutz für seine christliche Gemeinde sicherte. Seine Reisen durch zahlreiche Provinzen Chinas, seine wissenschaftlichen Arbeiten und seine Rolle als Vermittler zwischen den Kulturen machten ihn zu einer Schlüsselfigur der jesuitischen China-Mission.

1651 wurde er als Gesandter nach Europa geschickt, um seine Karten veröffentlichen zu lassen und vor dem Heiligen Offizium in Rom vorzusprechen. Seine Werke – besonders zum Nachweis der Übereinstimmung von China und dem in persischen Büchern genannten Land "Cathay" – fanden europaweit große Beachtung. Martini erreichte 1654 Rom und verteidigte dort die von ihm praktizierte Methode der "Inkulturation" (Weiterführung von chinesischen Riten durch neubekehrte chinesische Christen). Nach fünfmonatigen Debatten wurde 1656 zu seinen Gunsten entschieden, doch der grundsätzliche Konflikt blieb weiterhin bestehen. Martini kehrte 1658 nach China zurück, wo er 1659-61 in Hangzhou eine Kathedrale errichten ließ. Kurz nach Fertigstellung starb Martini an Cholera. Sein wissenschaftliches Vermächtnis, insbesondere im Bereich der Geographie, wirkt bis heute fort; er gilt als einer der bedeutendsten frühen Vermittler chinesischer Kultur im Westen.

Das um 1655 erschienene Kartenwerk, das 1655 in Amsterdam als Band 10 von Joan Blaeus (1596–1673) „Atlas Maior” erschienen ist, gilt heute als das erste, das die Geschichte und Geographie Chinas mit wissenschaftlicher Objektivität darstellt. Es zeugt von Martinis umfangreichem Wissen über die chinesische Kultur, der Exaktheit seiner Beobachtungen und seinem Verständnis für alles Chinesische. Das Exemplar der Universitätsbibliothek Wien stammt ursprünglich aus der Wiener Jesuitenbibliothek. Es hat einen Pergamenteinband mit Goldprägung und besaß ursprünglich einen Goldschnitt, von dem heute nur noch Reste vorhanden sind. Doch die Farben im Band sind auch nach 350 Jahren noch immer bemerkenswert und brillant.

Für die Ausstellung „Michaelina Wautier, Malerin” im Kunsthistorischen Museum Wien verleiht die Universitätsbibliothek Wien den „Novus Atlas Sinensis” als Leihgabe. Das 1654 entstandene Porträt Martinis von Michaelina Wauthier zeigt ihn in traditionell-chinesischem Gewand und wird in der Ausstellung neben dem Atlas präsentiert.

Ausstellungshinweis:


    Michaelina Wautier, Malerin

    Kunsthistorisches Museum Wien
    Maria Theresien Platz, 1010 Wien
    Öffnungszeiten: Täglich 10:00 – 18:00 Uhr, Do bis 21:00 Uhr
    Dauer der Ausstellung: 30.09.2025 – 22.02.2026

    Zur Ausstellung wurde ein Begleitfilm und ein Katalog veröffentlicht sowie ein vielfältiges Rahmenprogramm entwickelt.


Novus Atlas Sinensis

Text: Mag.a Dr.in Christina Köstner, MSc | Scans: Universitätsbibliothek Wien