Ichthyosaurier "Stenopterygius quadriscissus"

Ichthyosaurier "Stenopterygius quadriscissus"

Posidonienschiefer von Holzmaden (Süddeutschland) mit hervorragend präpariertem Stenopterygius quadriscissus (QUENSTEDT, 1856) JAEKEL, 1904 (Typusart)
Alter: Jura, Lias (ca. 185 Mio. Jahre)
Länge: 3,3 m
Aus der Paläontologischen Sammlung


Ichthyosaurier stellen eine Gruppe von ausgestorbenen Reptilien dar, die von Landechsen abstammen und sekundär wieder zu wasserbewohnenden, marinen Organismen wurden. Ihre Extremitäten entwickelten sich im Laufe der Zeit zu effektvollen Flossen. Der spindel- bzw. torpedoförmige Körper ist stromlinienförmig gestaltet und zeigt eine starke Konvergenz zu den Körpern der Haie und Delfine. Im Laufe der Zeit wurden ungefähr achtzig Arten wissenschaftlich beschrieben. Im Jahre 1811 fand die damals zwölfjährige Mary Anning (1799–1847) in Lyme Regis (England) das erste vollständige Skelett eines Ichthyosauriers. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als Funde von Ornithischia und Saurischia (Dinosauria) noch völlig unbekannt waren. Diese Funde verwirrten zunächst die wissenschaftliche Welt, denn viele Merkmale dieser fossilen Organismen erinnerten an Landwirbeltiere. Einige Forscher sahen in ihnen Fische, andere wiederum betrachteten sie als Amphibien oder ordneten sie sogar Meeressäugetieren zu.

Die Bezeichnung Ichthyosauria stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Fischechse". Der wissenschaftliche Name setzt sich aus zwei Teilen zusammen: ichthys, was Fisch bedeutet, und sauros, die Echse. Das Taxon Ichthyopterygia wurde im Jahre 1840 durch den englischen Biologen und Paläontologen Sir Richard Owen (1804–1892) aufgestellt, um auch urtümliche Funde zu berücksichtigen. Die Bezeichnung pteryx kommt ebenfalls aus dem Griechischen und bedeutet Flügel.

Die ersten Ichthyosaurier erschienen vor ca. 251 Mio. Jahren in der Untertrias (Olenekinium). Diese Lebewesen hatten noch einen langgestreckten, echsenförmigen Habitus und bewegten sich vermutlich durch Schlängeln des gesamten Körpers im küstennahen Flachwasser fort. Am Ende der Mitteltrias verschwanden die langgestreckten Ichthyosaurier und wurden in der Obertrias von Formen mit einem eher spindel- bzw. torpedoförmigen Körper verdrängt. Damals eroberten diese Ichthyosaurier auch den Lebensraum des offenen Ozeans (McGOWAN & MOTANI, 2003). In der Mitteltrias zeigten die Ichthyosaurier ihre größte Formenvielfalt, und es gab damals neben rein fischfressenden Formen auch Vertreter mit heterodonten bzw. durophagen Gebissen zum Knacken von hartschaliger Nahrung wie Muscheln, Schnecken, Ammoniten, Brachiopoden usw. (siehe Absatz "Zähne" im ungekürzten Text).

Im Unteren Jura (Schwarzer Jura, Lias Epsilon) hatten die Ichthyosaurier ihre größte Artenvielfalt, und es entstanden tieftauchende Arten. Alleine von der Gattung Stenopterygius sind mehrere Arten bzw. Unterarten bekannt. Besonders ergiebige Fundschichten aus dieser Zeit sind die Posidonienschiefer (Lias Epsilon) von Bad Boll, Ohmden und Holzmaden in Baden-Württemberg (bei Stuttgart) in Süddeutschland. Diese dunklen Schiefer lieferten im Laufe vieler Jahrzehnte ca. 3.000 Exemplare der Gattungen Eurhinosaurus, Stenopterygius und Temnodontosaurus und sind nach einer kleinen Bivalve, der Posidonia bronni benannt. Die Gattung Stenopterygius ist die häufigste aufgefundene Ichthyosauriergattung des Holzmadener Posidonienschiefers. In England wurden vor allem Typusexemplare der Gattung Ichthyosaurus gefunden. Im Cenomanium starben die Ichthyosaurier vor ca. 94 Mio. Jahren aus.

Die Ernährung der Ichthyosaurier ist als carnivor (hauptsächlich Cephalopoden) zu bezeichnen und ist uns durch die gut erhaltenen Überreste von Beutetieren in der Magenregion überliefert. Als Mageninhalte wurden Belemnitenteile und Fischschuppen aber auch andere Wirbeltierreste aufgefunden. Bei einem oberkretatischen Fossilfund aus Australien wurden im Magenbereich zahlreiche kleine Meeresschildkröten und die Überreste eines Vogels entdeckt (MAISCH, 2008). Die Gattung Ophthalmosaurus hatte ein relativ kurzes Rostrum (Schnauze) und kurze starke Kiefer, die stumpfe, kuppelförmige Zähne trugen. Ophthalmosaurus fraß wahrscheinlich hartschalige Nahrung, wie Schnecken, Muscheln oder Ammoniten. Nach dem Zerknacken dieser Nahrung wurden die zerbrochenen Schalen höchstwahrscheinlich ausgespien.

Stenopterygius gehört zur Gruppe der fortschrittlichen Ichthyosaurier. Ähnlich den rezenten Thunfischen dürfte er ein ziemlich steifes Skelett besessen haben. Außerdem ist anzunehmen, dass er, lediglich durch die Bewegung seiner Flossen, ein sehr guter und schneller Schwimmer war. Die Ernährung von Stenopterygius bestand wahrscheinlich aus Fischen bzw. auch anderen Meeresbewohnern, die er leicht überwältigen konnte (McGOWAN, 1991).

Dies ist die gekürzte Form eines Textes, den Sie hier in voller Länge nachlesen können:
Stenopterygius quadriscissus (pdf)

Die vorgestellte Platte wurde im vergangenen Jahr mit von der DLE Bibliotheks- und Archivwesen zur Verfügung gestellten Mitteln zur Bestandserhaltung und Restaurierung von Sammlungsbeständen der Universität Wien restauriert.

Text: Ass.-Prof. Karl Rauscher, Restaurierung: AR Valentin Perlinger, Foto: Rudolf Gold