Clavichord

Clavichord

Gebundenes Clavichord, vermutl. 18. Jhdt, deutscher Raum
Holz, Metall (Corpus); Messing bzw. Stahl (Saiten); Holz, teilweise bemalt (Tasten)
Maße: T 34 x B 121 x H 13 cm
Aus der Musikinstrumentensammlung


Schon kurz vor 1900, als Guido Adler (1855–1941) das abgebildete Clavichord für das heutige Institut für Musikwissenschaft  erwarb, galt dieses Instrument als historisch und interessierte nur eine Handvoll Spezialisten. Adler, gerade neu auf den Lehrstuhl berufen, bemühte sich offenbar um den Aufbau einer Sammlung von Instrumenten für Forschung und Lehre. Publikationen wie sein Handbuch der Musikgeschichte (1924) zeigen „unser“ Clavichord und beleuchten neben der Mechanik auch die Geschichte dieses Instruments, das zum Zeitpunkt seiner Anschaffung wohl bereits 100 Jahre alt war.

Dem zarten Klang des Clavichords steht eine große historische Bedeutung gegenüber: jahrhundertelang diente es als Übungsinstrument für Organisten. Um die Orgel zu spielen, brauchte man nämlich vor der Erfindung elektrischer Motoren immer die Hilfe einer zweiten Person zum „Balgtreten“. Das Clavichord dagegen stand jederzeit zum Üben bereit und konnte wie „unser“ Exemplar zudem noch transportabel sein. Die Vorbereitung im buchstäblich stillen Kämmerlein war obligatorisch, um auf der "Königin der Instrumente" zu brillieren. Komponisten wie Johann Sebastian Bach (1685–1750) oder Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791) schätzten das Clavichord aber nicht nur dieser rein praktischen Gründe wegen. Die simple Mechanik - ein Holzstab mit Taste am einen Ende und ein Metallplättchen zum gleichzeitigen Anschlagen und Abgreifen der Saite am anderen Ende - garantiert einen ständigen Kontakt zwischen Taste und Saite. Um das Clavichord zum Klingen zu bringen, braucht es einen präzisen Tastenanschlag: sanft aber bestimmt muss in die Tasten greifen, wer sich nicht durch Heuler für zu starkes oder durch Stottern für zu zaghaftes Anschlagen der Saite abstrafen lassen will. Der ständige Kontakt mit der Saite gibt dem Spieler aber auch die Möglichkeit, die Tonhöhe durch etwas stärkeren Druck zu manipulieren und den Ton, fein nuanciert wie ein Sänger, zu gestalten. Zu hören ist ein eigenartiger, geheimnisvoller, leiser, obertonreicher Klang, der zumindest den Spieler selbst oder auch ein (kleines) Publikum bezaubert und in seinen Bann zieht.

2016 wurde das hier gezeigte Clavichord neben den anderen historischen Tasteninstrumenten des Instituts im Zuge der NS-Provenienzforschungen in den Sammlungen der Universität Wien untersucht (siehe den Beitrag von Monika Schreiber in dem jüngst erschienen Buch Guido Adlers Erbe ). Anders als Adlers private Bibliothek, welche die nationalsozialistisch gesinnte Institutsleitung in den 1940er Jahren beschlagnahmte, wurde das Clavichord als "historisch unbelastet" eingestuft.

Der Initiative von Univ.-Prof.in Dr.in Birgit Lodes ist es zu verdanken, dass 2015 eine Restaurierung des Instrumentes in Angriff genommen werden konnte. In Absprache mit Restauratorinnen und Restauratoren der Sammlung alter Musikinstrumente des Kunsthistorischen Museums Wien  wurden unter den fachkundigen Händen von Marianne Siegl klemmende Tasten befreit und wieder geradegelegt, Metallteile entrostet, Risse im Resonanzboden ausgespant und zuletzt Stimmtonhöhe und Stimmungssystem rekonstruiert. So lassen sich an dem Clavichord nun wieder instrumentenbauliche Aspekte zeigen und studieren. Dass es gelegentlich klappert und nicht alle Töne wie bei einem neu gebauten Instrument perfekt reguliert sind, nimmt man im Tausch für die Aura dieses historischen Instrumentes gerne in Kauf.

Hörbeispiel

Literatur:

Handbuch der Musikgeschichte. Hrsg. Adler, Guido, Frankfurt am Main: Frankfurter Verl.-Anst.; 1924. Exemplare im Bestand der UB Wien

Schreiber, Monika: Die mit Guido Adler assoziierten Tasteninstrumente in der Instrumentensammlung des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Wien. In: Guido Adlers Erbe. Restitution und Erinnerung an der Universität Wien. Hg. Markus Stumpf, Herbert Posch, Oliver Rathkolb. (Bibliothek im Kontext. Hrsg. von Stefan Alker-Windbichler, Murray G. Hall und Markus Stumpf. Band 1, Göttingen: V&R unipress, Wien: Vienna University Press, 2017, S. 301-310. Exemplare im Bestand der UB Wien und Online-Ausgabe

Clavichord

Text: August Valentin Rabe; Fotos: Claudia Feigl