Einzug Christi in Jerusalem, Fresko der Bischofskapelle des Gurker Domes (um 1260)

Einzug Christi in Jerusalem, Fresko der Bischofskapelle des Gurker Domes (um 1260)

Federzeichnung von Johann Evangelist Klein (1823–1883), um 1864
Aufkaschiert auf Karton
Maße: 68 x 62 cm
Aus dem Nachlass Karl M. Swoboda im Archiv des Instituts für Kunstgeschichte


Bei der Durchsicht der Archivalien zu den im Böhmen geborenen Vertreter*innen der „Wiener Schule der Kunstgeschichte“  wurde der Autor dieses Textes auf einige Federzeichnungen aufmerksam, die durch die mehr als hundertjährige unsachgemäße Lagerung schwer beeinträchtigt waren. Die finanzielle Unterstützung durch die Sammlungskoordinierungsstelle der Universität Wien ermöglichte im Jahr 2019 die Restaurierung der großformatigen Blätter. Bei diesen sechs Blättern handelt es sich um Aufnahmen der Fresken im Dom zu Gurk  und im benachbarten Pisweg, die sich im Nachlass des langjährigen Ordinarius Karl Maria Swoboda  erhalten haben. Und dies bot den Anlass für eine kleine Recherche und Publikation der Ergebnisse in der „Österreichischen Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege“.

Fünf der sechs teilweise nachträglich ausgeschnittenen und auf Karton aufgeklebten Federzeichnungen in der Größe von 70,5 x 51,2 bis 63 x 102 Zentimeter zeigen die Fresken des Bischofschores der Domkirche in Gurk mit der Aufschrift „Gurk“, das sechste Stück jedoch stellt das Gewölbe des Karners von Pisweg  dar und ist als einziges datiert und signiert. Die auf mehreren Blättern vorhandenen Stempel der „k[aiserlich] k[öniglichen] Central-Commission“ ließen es geraten erscheinen, in den Publikationen dieses Amtes nachzuschlagen, die sich von Beginn an um hochwertige Illustrationen bemühten. Tatsächlich wurden im 15. Jahrgang der „Mittheilungen“ von 1870 die Fresken in der Rundkapelle des Karners von Pisweg, und ein Jahr später die Gurker Wandmalereien mit „Tafeln nach den Original-Aufnahmen des Professors Johann Klein“ veröffentlicht. Die Illustrationen wurden von der k. k. Staatsdruckerei eindeutig nach den Federzeichnungen unseres Archives angefertigt. Allerdings fehlen in unserer Sammlung drei der gedruckten Illustrationen, während die Wand mit dem Einzug Christi am Palmsonntag auch in farbiger Version (siehe unten) gedruckt wurde.

Der 1823 in Wien geborene und 1883 in Venedig verstorbene Johann Evangelist Klein  hatte in Wien an der Akademie der Bildenden Künste vor allem bei Joseph von Führich  (1800–1876) studiert. Ab 1854 unterrichtete er als Zeichenlehrer an Oberrealschulen am Schottenfeld und auf der Landstraße. Daneben spezialisierte sich auf die Entwürfe für kirchliche Glasfenster und Mosaikgemälde. Nach seinen Kartons entstanden etwa Kirchenfenster für die Dome in Bratislava, Erfurt und Linz sowie für den Stephansdom in Wien und für den Kölner Dom. Seit 1870 wirkte Klein als Korrespondent für die Zentralkommission, seit 1875 als „wirkliches Mitglied“. Für dieses Amt schuf er u.a. Zeichnungen der Glasfenster des Grazer Domes sowie von Fresken in Bozen und Gurk.

Die auf den Zeichnungen mit Bleistift vermerkten Farbangaben dürften allerdings erst aus der Zeit stammen, als die Blätter an die Universität kamen. Der Autor des Katechismus der Denkmalpflege und ab 1909 Ordinarius am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien Max Dvořák  (1874–1921) plante nämlich ab etwa 1913 im Auftrag bzw. gemeinsam mit dem 1908 in Berlin gegründeten „Deutschen Verein für Kunstwissenschaft“  ein Corpuswerk der mittelalterlichen Wandmalerei in Mitteleuropa. Als Bearbeiter war der Assistent Karl Maria Swoboda  (1889–1977) ausersehen, der nach einer Unterbrechung in der Kriegszeit und nach dem Tod seines Lehrers das Projekt um 1925 wieder aufnahm. Deshalb haben sich in Swobodas Nachlass nicht nur die oben genannten Zeichnungen, sondern auch zahlreiche Fotos und Skizzen von anderen Wandmalereien, Korrespondenz mit Fotografen und Kollegen in Deutschland, Literaturexzerpte und Notizen sowie Anweisungen zur Erstellung der Beschreibungen und sogar eine Farbmusterkarte erhalten.

Literatur:

KIRCHWEGER, Franz: Gurk (Ktn.), Dom, Westempore, sog. Bischofskapelle. In: Günter Brucher (Hg.): Gotik (= Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 2). München-London-New York 2000, S. 436-437. Exemplare im Bestand der UB Wien

KERNBAUER, Eva / POKORNY-NAGEL, Kathrin / ROSENBERG, Raphael / RÜDIGER, Julia / WERKNER, Patrick / JENNI, Tanja (Hg.): Rudolf Eitelberger von Edelberg. Netzwerker der Kunstwelt. Wien-Köln-Weimar 2019. Digital verfügbare Exemplare

FONTAINE, Arthur: Johannes Evangelist Klein. Ein Prediger mit dem Zeichenstift. Band 1. BoD 2016.

POLLEROSS, Friedrich: Materialien zu tschechisch-österreichischen KunsthistorikerInnen im Archiv des Instituts für Kunstgeschichte der Universität Wien. In: Umĕní/ Art 67 (2019), Nr. 5, S. 565-586. Elektronisches Exemplar 

POLLEROSS, Friedrich: Die Fresken in Gurk und die Anfänge der „Bildwissenschaft“ in Österreich. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LXXIV (2020) Nr. 3/4, S. 222-228. Digital verfügbares Exemplar 

Einzug Christi in Jerusalem, Fresko der Bischofskapelle des Gurker Domes (um 1260)

Text: Dr. Friedrich Polleroß, Restaurierung: Akad. Restaurator Sascha Höchtl, Fotos: Institut für Kunstgeschichte