Kreuzgang des Stifts Heiligenkreuz

Kreuzgang des Stifts Heiligenkreuz

Diapositiv aus der Glasplattendia-Sammlung von Arthur Haberlandt (1889-1964)
Fotograf*in unbekannt
Maße: 9 x 12 cm
Signatur: SAHGD_62/07
Aus der Sammlung des Instituts für Europäische Ethnologie


Das gezeigte Glasdia stammt aus einem insgesamt 548 Glasplattendias umfassenden Bestand, der auf den österreichischen Ethnologen Arthur Haberlandt (1889-1964) zurückgeht. Haberlandt war Sohn des österreichischen Ethnologen und Indologen Michael Haberlandt (1860-1940), dem 1892 die Venia legendi für allgemeine Ethnographie verliehen wurde, 1894 zusammen mit dem österreichischen Sprachforscher, Orientalisten und Ethnographen Wilhelm Hein (1861-1903) den "Verein für Volkskunde" begründete und ein Jahr später mit Hein das "Museum für österreichische Volkskunde" (heute: Volkskundemuseum Wien) gründete, das er 1911-1923 als Direktor leitete. Michael Haberlandt war zwar selbst nie Mitglied der NSDAP, förderte jedoch die Verbreitung von antisemitischem und rassistischem Gedankengut, sowie das Zusammenfließen von Volkskunde und Rassenforschung in Wien. Als verantwortlicher Redakteur der „Wiener Zeitschrift für Volkskunde“ veröffentlichte er dort unter anderem von deutschnationalem und antisemitischen Gedankengut geprägte Beiträge und vefasste selbst positiv unterstützende Rezensionen über rassenkundliche sowie antisemitische Publikationen. 1924 übernahm sein Sohn Arthur Haberlandt die Leitung des "Österreichischen Museums für Volkskunde". Arthur Haberlandt hatte an der Universität Wien Archäologie, Ethnographie und Geographie studiert, sich 1914 im Fach "allgemeine Volkskunde" habilitiert und war 1923 zum außerordentlichen Professor an der Universität Wien ernannt worden. Unter seiner Leitung etablierte sich das Österreichische Museum für Volkskunde zu einer „Zelle von illegalen Nationalsozialisten“. Ab 1933 gehörte ein überwiegender Teil der Museumsmitarbeiter der NSDAP an. Die Illegalen veranstalteten dort ihre getarnten Liederabende und Schulungsvorträge - insgesamt ca. 200 Veranstaltungen pro Jahr. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich stellte sich Haberlandt bedingungslos in den Dienst der Ideologie des NS-Regimes. 1941 reiste er erstmals im Auftrag des Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg (ERR) nach Polen, wo er geraubte volkskundliche Sammlungen aus Osteuropa katalogisierte. 1943 wurde zu einem der Obereinsatzführer des ERR befördert. Neben seiner Funktion beim ERR forschte Haberlandt weiterhin, veröffentlichte Aufsätze und hielt Vorträge. Sein besonderes Interesse galt den verschiedenen Volksgruppen des Donauraums sowie Südost- und Osteuropas und den europäischen Volkskulturen.

Bei der Aufarbeitung der Glasdiasammlung von Arthur Haberlandt galt es diesen Hintergrund zu beachten und ein besonderes Augenmerk auf eventuell sensible Inhalte und Darstellungen zu richten. 202 Dias waren bis vor Kurzem noch nicht erschlossen und wurden nun im Zuge eines Projekts des ULG "Library and Information Studies" gesichtet, umgelagert, digitalisiert und im Langzeitrepositorium PHAIDRA erschlossen. Dabei stellten die spärlichen Informationen (Beschriftungen) zu den Glasdias eine besondere Herausforderung dar. Die Dias selbst sind nicht beschriftet, nur die neun Pappschachteln, in denen die Dias aufbewahrt waren, wiesen handschriftliche Beschriftungen auf. Diese waren sehr allgemein gehalten (z.B. "Krippe", "Volksbünde Sarntal", "Motive II", "Verschiedenes") und bezogen sich oft nur auf einzelne Dias in der jeweiligen Schachtel. Keiner dargestellten Inhalte kann als "sensibel" angesehen werden. Es sind Landschaften, (Bauern-)Häuser, landwirtschaftliche Tätigkeiten, religiöse Festtagsriten, Stadtansichten, Aufnahmen von sakralen und profanen Kulturdenkmälern sowie Personen in Trachten als Gruppen- und Einzelportraits zu sehen. Um die Dias beschreiben zu können waren sorgfältige Recherchen notwendig, dennoch konnte ein Großteil der Inhalte nicht eindeutig identifiziert werden.

Auf gezeigtem Dia ist der Kreuzgang eines Klosters mit Spitzbögen und aufwendig gearbeiteten Pilastern mit Ziersäulchen zu sehen, deren Kapitelle pflanzlich dekoriert sind. Die Beschaffenheit des Raumes legte eine Suche nach einem Zisterzienserkloster aus Österreich nahe. Nach wiederholter Betrachtung des Digitalisats schien die Statue, rechts am Ende des Kreuzganges besonders auffällig: Die weibliche Figur mit langem Haar in gebückter Haltung stimmt mit der Ikonografie der heiligen Maria Magdalena überein. Die weitere Recherche ergab, dass es eine Skulpturengruppe von Giovanni Giulianis (1664-1744) gibt, welche Jesus mit Maria Magdalena, seine Füße mit ihrem Haar trocknend, darstellt. Diese Skulptur ist noch heute im Kreuzgang des Stifts Heiligenkreuz in Niederösterreich neben dem Eingang zum Kapitelsaal aufgestellt. So konnte anhand dieses Details das Dia bestimmt und eine genaue Zuordnung und somit auch eine Beschriftung vergeben werden.

Mit Abschluss des Projekts ist nun die gesamte Glasdiasammlung von Arthur Haberlandt digital erschlossen und über PHAIDRA zugänglich.

Literatur:

GUTENTHALER, Florian / HAGER, Georg Ali / HASLHOFER, Johannes / SURUGIU, Ana Maria: Erschließung der Glasplattendia-Sammlung von Arthur Haberlandt an der FB Europäische Ethnologie II. Projektarbeit im Rahmen des Universitätslehrgangs Library and Information Studies (Grundlehrgang: Berufsbegleitend) 2023/2024/2025 an der Universitätsbibliothek Wien 2024.

JOHLER, Birgit: Beitrag zu Arthur Haberlandt. In: Lexikon der Österreichischen Provenienzforschung (15.06.2020). Online verfügbar

NEMEC, Birgit: Beitrag zu "22., Haberlandtgasse". In: Straßennamen Wiens seit 1860 als „Politische Erinnerungsorte“. Forschungsprojektendbericht erstellt im Auftrag der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) auf Initiative von Stadtrat Dr. Andreas Mailath‐Pokorny und Altrektor o. Univ.‐Prof. Dr. Georg Winckler. Wien 2013, S. 105-111. Online verfügbar

Kreuzgang des Stifts Heiligenkreuz

Text & Projektbetreuung: Mag. Claudia Feigl & Mag. Susanne Wicha | Foto unten: Stift Heiligenkreuz, P. Roman Nägele | Projektdurchführung: Florian Gutenthaler BA, Georg Ali Hager, Johannes Haslhofer BA BA MA, MMag. Ana Maria Surugiu