Die Ausstellung kann während der Öffnungszeiten des Archivs besichtigt werden.
Sigismund (Siegmund) von Herberstein (1486–1566), Diplomat in habsburgischen Diensten, ist bis heute als Verfasser einer mehrfach im Druck erschienen Beschreibung des Großfürstentums Moskau bekannt.
Damit legte der Autor einen frühneuzeitlichen „Bestseller“ vor, der neben der Beschreibung des Landes und seiner Bewohner auch eine nach später verloren gegangenen Chroniken erarbeitete Geschichte Russlands enthält. Herbersteins „Moscovia“ dient deshalb bis heute der Geschichtsschreibung als unentbehrliche Quelle.
Literarisch produktiv war Herberstein, der einer im Herzogtum Krain ansässigen Adelsfamilie entstammte, auch zur Sicherung des eigenen Nachruhms. Er verfasste gleich mehrere autobiographische Texte, von denen das lateinische „Gratae posteritati“ (An meine lieben Nachfahren) in der Ivan Potrč-Bibliothek im slowenischen Ptuj mit einer besonders schönen, kolorierten Druckausgabe des Jahres 1560 vertreten ist.
Von dieser Ausgabe der „Gratae posteritati“ in Ptuj wurde kürzlich ein Faksimile-Druck produziert, der im Komplettsatz auch eine kommentierte Studienausgabe und eine slowenische Übersetzung enthält. Das Erscheinungsjahr 2016 bietet dazu gleich mehrere, mehr oder weniger runde Jubiläumsanlässe: Vor genau 500 Jahren wurde Sigismund Herberstein von Kaiser Maximilian I. zu seiner ersten denkwürdigen diplomatischen Mission in das Reich der Moskowiter entsandt; das Todesjahr des Diplomaten jährt sich heuer zum 450., und seine Geburt zum 530. Mal.
Die Ivan Potrč-Bibliothek hat aus Anlass des Erscheinens der Faksimile-Ausgabe von „Gratae posteritati“ eine Wanderausstellung gestaltet, welche bis 24. Oktober 2016 im Foyer des Universitätsarchivs besichtigt werden kann (nur an Wochentagen während der Öffnungszeiten des Archivs). Die aus elf Paneelen bestehende Präsentation bietet viele Abbildungen aus dem erwähnten Werk und Texte in slowenischer und englischer Sprache zur Biographie Herbersteins.
Dass diese Ausstellung im Archiv der Universität Wien gezeigt wird, verdankt sich einer Kooperation mit dem Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien, mit der Botschaft der Republik Slowenien sowie dem Slowenischen Kultur- und Informationszentrum in Wien. Im Anschluss an die Eröffnung der Ausstellung, welche am 19. September in Anwesenheit der Botschafter Sloweniens und der Russischen Föderation stattfand, wurde im Festsaal des Archivs auch ein Internationales Symposion abgehalten (20./21. September), welches von Prof. Marija Wakounig (Institut für Osteuropäische Geschichte) organisiert wurde: „Sigismund Herberstein: Zwischen Privat und Staat“. Vortragende aus Slowenien, Polen, Russland, Deutschland und Österreich befassten sich eingehend mit den vielen Facetten in Herbersteins Leben und seinem literarischen Werk.
Wie passt das nun zum Wiener Universitätsarchiv und seinen Beständen? Die Antwort ist einfach: Sigismund Herberstein zählt zu den prominentesten Absolventen der Wiener Universität an der Wende vom Mittelalter zur frühen Neuzeit. Die wesentlichen Daten zu seinem Studium können aus den hier verwahrten archivalischen Quellen belegt werden: Immatrikulation im Alter von dreizehn Jahren (Wintersemester 1499/1500), Promotion zum Bakkalar der „freien Künste“ (1502), Beginn eines Studiums an der juridischen Fakultät (Sommersemester 1504, jedoch ohne Abschluss). In seinen autobiographischen Schriften gedenkt Herberstein mit Stolz seiner Studienzeit, der er die Kenntnisse der lateinischen Sprache und das Fundament seiner humanistischen Bildung verdankt. Er kokettiert auch mit der Rolle des Außenseiters, der von adeligen Standesgenossen wegen seines Studienabschlusses an der Artistenfakultät mit Spott bedacht wurde. Auch wenn das Studium von Adeligen in Wien zu dieser Zeit nicht ganz so ungewöhnlich war, wie Herbersteins Erinnerungen nahelegen möchten, so hatte er doch eine Vorreiterrolle inne: Ohne humanistische oder juristische Kenntnisse war selbst Angehörigen des Adels ab dem frühen 16. Jahrhundert eine Karriere in der Funktionselite des „erwachenden Staates“ kaum mehr möglich.
Für weitere Fragen zur Ausstellung oder zum Archiv der Universität Wien, schreiben Sie bitte an: archiv@univie.ac.at.